Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik
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ausgesetzt“). Beides lässt sich nicht bestreiten, ist vielfach bezeugt und<br />
stellt im Grunde auch nichts Neues dar.<br />
Was Vollenweider nicht belegen kann, ist e<strong>in</strong>e genaue sprachliche<br />
Entsprechung zu dem von ihm <strong>in</strong> Phil 2:6 vorausgesetzten Gedanken, das<br />
Gottgleichse<strong>in</strong> weltlicher Herrscher sei Gegenstand e<strong>in</strong>es harpagmos<br />
(„Raubes“) geworden. Der so verheißungsvoll mit „Usurpation der<br />
Gottgleichheit <strong>in</strong> hebräischer Bibel und Judentum“ überschriebene<br />
Abschnitt enthält ke<strong>in</strong>e Belege dafür, allenfalls e<strong>in</strong>e Sammlung von<br />
Zeugnissen herrscherlicher Hybris und Überhebung. Hier lassen sich<br />
nach Vollenweiders eigener Aussage lediglich „Wechselwirkungen der<br />
semantischen Felder von ‚Rauben’ und ‚Herrschaft’ … nachweisen“, was<br />
aber nicht ausreichen dürfte, um die These wasserdicht zu machen. Nur<br />
zwei Belege, die nach Vollenweider „bisher noch nicht ‘entdeckt’“<br />
wurden, können als Kronzeugen <strong>in</strong> die engere Wahl gezogen werden:<br />
e<strong>in</strong>e Stelle aus der Alexandergeschichte des Curtius Rufius 69 und e<strong>in</strong>e<br />
andere aus e<strong>in</strong>em Liebesroman von Achilleus Tatios (2. Jh. n.). Ohne<br />
allzu pedantisch zu se<strong>in</strong>, muss man aber feststellen, dass <strong>in</strong> beiden Fällen<br />
vom Raub „göttlicher Ehren“ die Rede ist, was nicht dasselbe ist wie der<br />
Raub von „Gottgleichheit“. Im letzten Fall bezieht sich der Vorwurf auch<br />
nicht auf e<strong>in</strong>en weltlichen Imperator, sondern auf e<strong>in</strong>en Priester.<br />
Schließlich ist zu fragen, ob die politischen Auslegung dem Kontext<br />
des Briefes tatsächlich gerecht wird. Vollenweider sche<strong>in</strong>t sich se<strong>in</strong>er<br />
Sache ganz sicher und verweist auf e<strong>in</strong>ige neuere Arbeiten zu diesem<br />
Thema. 70 Se<strong>in</strong>e eigenen Argumente s<strong>in</strong>d freilich äußerst schwach. Die <strong>in</strong><br />
der Ermahnung an die Philipper (2:1-5) enthaltenen Warnungen vor<br />
„Selbstsucht“ und „Ruhmsucht“, „andere übertreffen wollen“ und „auf<br />
das Eigene zu achten“ mögen durchaus der Tendenz zur Selbsterhöhung<br />
entsprechen. Dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Politikum sehen zu wollen, ist aber nur möglich,<br />
wenn man davon ausgeht, dass der Brief gar nicht anders als „politisch“<br />
ausgelegt werden kann. An und für sich handelt es sich dabei ebenso wie<br />
bei der erwähnten „Rivalität und Aufsteigermentalität“ um allgeme<strong>in</strong><br />
menschliche Eigenschaften, die leider nicht nur auf den politischen<br />
Bereich beschränkt s<strong>in</strong>d. Ebenso macht die Tatsache, dass Paulus se<strong>in</strong>en<br />
Brief aus dem Gefängnis schreibt, die Sache ke<strong>in</strong>eswegs „politischer“.<br />
Und auch der Aufforderung, „würdig nach dem Evangelium zu<br />
wandeln“, muss trotz des „politisch“ kl<strong>in</strong>genden politeuesthai durchaus<br />
ke<strong>in</strong>e besondere politische Dimension eignen. Es bildet<br />
höchstwahrsche<strong>in</strong>lich nur das christliche Pendant zum entsprechenden<br />
jüdischen Gesetzeswandel (2 Makk 6:1).<br />
69 „Iamque omnibus praeparatis ratus, quod olim prava mente conceperat, tunc esse<br />
maturum, quonam modo caelestes honores usurparet coepit agitare. Iovis filium non dici<br />
tantum se, sed etiam credi volebat, tamquam per<strong>in</strong>de animis imperare posset ac l<strong>in</strong>guis.”<br />
70 Bormann 1995; Pilhofer 1995; Fee 1992.<br />
© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013