Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik
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(7) Die Passage „die im Himmel und auf Erden und unter der Erde<br />
s<strong>in</strong>d“ (Phil 2:10) setzt e<strong>in</strong>e Dreiteilung des Kosmos voraus, die ganz zu<br />
Recht <strong>in</strong> Zusammenhang mit entsprechenden gnostischen Vorstellungen<br />
gebracht worden ist. 144 Wie Dibelius und Peterson e<strong>in</strong>drucksvoll gezeigt<br />
haben, ist der Gedanke e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> 3 Sphären aufgeteilten Geisterwelt<br />
zweifellos gnostischen Ursprungs. 145 Traub: „Hiermit ist ke<strong>in</strong>e<br />
verallgeme<strong>in</strong>ernde Ortsangabe (‚<strong>in</strong> Himmel, Erd und Hölle’ <strong>–</strong> Lohmeyer)<br />
gemacht, sondern mit allen drei Gliedern ist an herrschende<br />
Geistermächte gedacht.“ 146 Das wird mit H<strong>in</strong>weis auf Quellen begründet,<br />
<strong>in</strong> denen ähnlich wie <strong>in</strong> Phil 2:10-11 vom Sieg und Triumph über e<strong>in</strong>e<br />
Trias dämonischer Mächte die Rede ist <strong>–</strong> e<strong>in</strong>e Motivik, die ja auch Eph<br />
1:21, 1Pe 3:22 ankl<strong>in</strong>gt.<br />
Wie viele richtige E<strong>in</strong>sichten der Religionsgeschichtlichen Schule wird<br />
auch diese neuerd<strong>in</strong>gs wieder <strong>in</strong> Frage gestellt, sei es dass die Mächte<br />
positiv als gottdienende gedeutet werden, 147 sei es, dass die Stelle<br />
losgelöst von ihrem religionsgeschichtlichen H<strong>in</strong>tergrund gesehen<br />
wird. 148 Bessere Argumente hat man nicht, stattdessen viel theologisches<br />
Ressentiment gegen e<strong>in</strong>e religionsgeschichtlich ausgerichtete Exegese.<br />
Die engste Parallele zu Phil 2:10 f<strong>in</strong>det sich übrigens IgnTrall 9:1:<br />
„<strong>Jesus</strong> Christus … der wahrhaft gekreuzigt wurde und starb vor den<br />
Augen derer, die im Himmel, auf der Erde und unter der Erde s<strong>in</strong>d.“<br />
Auch dar<strong>in</strong> erweist sich die gnostische Herkunft der Vorstellung <strong>–</strong><br />
vielleicht sollte man aber schon an dieser Stelle besser sagen, die<br />
marcionitische, denn die Ignatiusbriefe s<strong>in</strong>d, wie wir an anderer Stelle<br />
gezeigt haben, marcionitischen Ursprungs. Auch der Kosmos der<br />
p.140,5ff. „Darauf erschien <strong>Jesus</strong>, <strong>in</strong>dem er zu ihnen sagte: ‚Friede sei mit euch [allen]<br />
und (mit) jedem, der an me<strong>in</strong>en Namen glaubt.’“ Protennoia (NHC XIII/1) p. 37:5ff.:<br />
„ist der Logos, der entstanden war durch den Ruf, der vorangeschritten war aus der Höhe,<br />
(der) den Namen <strong>in</strong> sich hatte, der e<strong>in</strong> Licht ist -- er (sc. der Sohn) offenbarte die<br />
Unendlichen; und alle Unerkennbaren wurden erkannt“ (Übersetzung Lüdemann).<br />
144 Schon Baur 1866, S. 58, sprach von e<strong>in</strong>er „ächt gnostischen“ Vorstellung. Angebliche<br />
Parallelen, die aus anderen Quellen für diese Trias beigebracht werden, lassen sich<br />
nicht verifizieren. So weist Bergmeier 1994/Bergmeier 2000, S. 179z.B. neben Ignatius<br />
auf Ex 20,4 und Apk 5:13. Aber die Unterschiede s<strong>in</strong>d unübersehbar: Ex 20;4 nennt Unterwelt<br />
und Wasser, was Phil 2:10 nicht der Fall ist. Apk 5:13 enthält eigentlich e<strong>in</strong>e<br />
Fünfteilung (im Himmel - auf Erden - unter der Erde - auf dem Meer - was dar<strong>in</strong> ist)<br />
und gehört ebenfalls nicht <strong>in</strong> diesen Zusammenhang.<br />
145 Dibelius 1909; Dibelius et al. 1937, S. 79; Peterson 1926; Käsemann 1950; Heitmüller<br />
1903, S. 67, 322; Traub, S. 538<strong>–</strong>542; Mart<strong>in</strong> 1997, S. 258ff.; Gnilka 1976, 1968,<br />
S. 128.<br />
146 Traub, S. 541.<br />
147 Strecker 1964, S. 77.<br />
148 Bergmeier 2000, S. 179.<br />
© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013