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Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

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77<br />

Ausbildung der Frucht. 212 So wie „Paulus“ e<strong>in</strong>st durch die Gnade zu dem<br />

wurde, was er jetzt ist, ist er nun als Apostel dazu berufen, andere (durch<br />

Gottes Gnade) zu dem zu formen, was er e<strong>in</strong>st wurde, d.h. se<strong>in</strong>en<br />

K<strong>in</strong>dern den Typos der Christusgestalt aufzuprägen. 213 Die mysteriöse<br />

ektrōma-Metapher erhält dort, wo man sie vor dem H<strong>in</strong>tergrund der<br />

komplexen gnostischen Spekulation versteht, e<strong>in</strong> klares und<br />

verständliches Profil. 214<br />

Obwohl es christliche Apologeten geben mag, die auch dies für<br />

möglich halten, wäre es völlig abwegig zu me<strong>in</strong>en, die mysteriöse<br />

Anspielung 1 Kor 15:8 könne diesen komplexen, um die Themen Geburt,<br />

Wiedergeburt, weiblicher und männlicher Same, hylische Amorphität,<br />

pneumatischer Typos etc. kreisenden Vorstellungskreis hervorgebracht<br />

haben. Natürlich ist klar, dass es sich umgekehrt verhalten haben muss<br />

und der Verfasser des 1. Kor<strong>in</strong>therbriefes an dieser Stelle das ihm<br />

bekannte und aus eben diesem Vorstellungskreis stammende Bild von der<br />

Fehlgeburt zitiert und auf sich bezieht. 215 Dann aber stellt sich sofort die<br />

Frage, wie dies bei e<strong>in</strong>em christlichen Autoren des 1. Jahrhunderts<br />

möglich se<strong>in</strong> kann.<br />

Zur deren Beantwortung bieten sich verschiedene Erklärungsmöglichkeiten<br />

an:<br />

a) Man kann mit Sell<strong>in</strong> behaupten, der gnostische Vorstellungskomplex<br />

sei bereits bei Philo und <strong>in</strong> der jüdischen Weisheit <strong>in</strong> nuce vorhanden<br />

gewesen und sei <strong>in</strong> der Gnosis nur weiter ausgeformt worden. Wie wir<br />

allerd<strong>in</strong>gs bereits gesehen haben, ist das nicht möglich. Sell<strong>in</strong> trägt die<br />

späteren gnostischen Vorstellungen, die er für se<strong>in</strong>e Deutung der<br />

Paulusstelle heranzieht, <strong>in</strong> die Philo-Lektüre e<strong>in</strong>. Der Gedanke e<strong>in</strong>es<br />

„doppelten Todes“ bei Philo kann weder den ektrōma-Vorstellungskomplex<br />

bei Paulus noch <strong>in</strong> der Gnosis h<strong>in</strong>reichend erklären. Die<br />

beiden entscheidenden Gedanken a) die Fehlgeburt ist durch den<br />

Mangel an Pneuma def<strong>in</strong>iert b) deren Formung erfolgt aufgrund von<br />

Gnade (1 Kor 15:10), lassen sich aus den Philostellen nicht<br />

herauslesen.<br />

b) Man kann e<strong>in</strong>e Interpolation annehmen. Dies ist allerd<strong>in</strong>gs schon<br />

deswegen sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich, weil sich bereits im Römerbrief des<br />

Ignatius (9:2) e<strong>in</strong> Reflex der Stelle 1 Kor 15:8 f<strong>in</strong>det, der das frühe<br />

212 Siehe die Angaben bei Behm, S. 760; vgl. SpecLeg 3:117.<br />

213 Mit der Geburt des Messias hat das nichts zu tun.<br />

214 Vgl. auch 1 Kor 3:2.<br />

215 Dieser Ansicht ist auch Sell<strong>in</strong> 1986, S. 248, Anm. 78: „Ursprünglich ist der gnostische<br />

Gebrauch der Metapher nicht von Paulus herzuleiten, sondern geht ebenfalls auf<br />

den weisheitlichen zurück.“ Aber der „weisheitliche Gebrauch der Metapher“ ist e<strong>in</strong>e<br />

Schimäre, so etwas hat es nie gegeben.<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

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