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Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

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betont’, wie Björck me<strong>in</strong>t.“ 203 Nachdem Osten-Sackens Richtigstellung<br />

später auch von Blass-Debrunner aufgenommen wurde (Bl-Debr<br />

übersetzt 453,6: „mir gleichsam als der Fehlgeburt“), 204 hätte sich die<br />

These Björcks für Sell<strong>in</strong> eigentlich schon längst erledigt haben müssen.<br />

Besteht also ke<strong>in</strong> Zweifel daran, dass der Verfasser des 1.<br />

Kor<strong>in</strong>therbriefes den Ausdruck ektrōma durch den Artikel <strong>in</strong> besonderer<br />

Weise hervorgehoben wissen will, so bleibt die Frage bestehen, wie<br />

dieser Artikel zu erklären ist. Anders als für Weiß und andere Exegeten<br />

ist für Osten-Sacken der Rückschluss auf e<strong>in</strong> Schimpfwort nicht die<br />

e<strong>in</strong>zige Deutungsmöglichkeit. Vielmehr soll Paulus mit se<strong>in</strong>em Ausdruck<br />

auf die zuvor genannten Apostel zurückbezogen haben, so dass etwa zu<br />

paraphrasieren wäre: „(mir) gleichsam als der Fehlgeburt (unter den<br />

Aposteln).“ Das Wort ektrōma als solches müsse ähnlich erklärt werden<br />

wie der Ausdruck skybala = Kot <strong>in</strong> Phil 3:8. Beide Urteile kämen aus der<br />

christlichen Perspektive, so dass es nur e<strong>in</strong>leuchte, wenn der, „welcher u.<br />

a. se<strong>in</strong>e früher Gott wohlgefällige antichristliche Haltung jetzt ‚Kot’<br />

nennt, sich als Akteur der Verfolgung mit dem Wort ‚Fehlgeburt’<br />

belegen kann, auch wenn er damit e<strong>in</strong> anderes Bild wählt.“ 205 Die<br />

entscheidende Frage, warum der Verfasser des 1. Kor<strong>in</strong>therbriefes<br />

überhaupt „e<strong>in</strong> anderes Bild wählt“ und den mysteriösen Ausdruck<br />

„Fehlgeburt“e<strong>in</strong>führt, wird auch von Osten-Sacken nicht beantwortet.<br />

Wie die zumeist recht künstlichen Deutungen der bisherigen Exegese<br />

gezeigt haben, kommt man der Frage nach der Herkunft des Begriffs<br />

ektrōma so nicht näher. Der von Sell<strong>in</strong> <strong>in</strong> Angriff genommene<br />

religionsgeschichtliche Ansatz schien vielversprechender. Von<br />

besonderem Interesse ist Sell<strong>in</strong>s H<strong>in</strong>weis auf die von allen übrigen<br />

Exegeten bisher völlig vernachlässigte gnostische Mythologie des 2.<br />

Jahrhunderts, wo die Metapher nach Sell<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en „festen Sitz“ <strong>in</strong>nehat.<br />

Tatsächlich ist e<strong>in</strong> Vergleich der von Sell<strong>in</strong> zitierten Quellen mit 1 Kor<br />

15:8 fasz<strong>in</strong>ierend. Die große Anzahl von Belegen zeigt nicht nur, dass<br />

der Term<strong>in</strong>us ektrōma im gnostischen (Sophia-)Mythos e<strong>in</strong>e große Rolle<br />

spielte, sondern auch, dass das gnostische Verständnis dieses Term<strong>in</strong>us<br />

zur Erhellung der schwierigen Passage 1 Kor 15:8 ausgesprochen<br />

hilfreich se<strong>in</strong> könnte.<br />

Während das ektrōma-Motiv als Bestandteil des Sophia-Mythos und<br />

se<strong>in</strong>en Variationen häufig <strong>in</strong> den Kirchenväterreferaten über die<br />

Mythologie der gnostischen Valent<strong>in</strong>ianer, Basilidaner, Peraten etc.<br />

203 Vgl. von der Osten-Sacken 1973; vgl. Lüdemann 1983, S. 116, Anm. 42.<br />

204 Blass et al. 1976.<br />

205 von der Osten-Sacken 1973, S. 245.<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

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