28.10.2013 Aufrufe

Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

72<br />

sche<strong>in</strong>t, während Philo und die weisheitlichen Texte sie kaum hergeben.<br />

Daraus ergibt sich e<strong>in</strong> methodisches bzw. chronologisches Problem, denn<br />

der ganze gnostische Vorstellungskreis stammt ja, wie Sell<strong>in</strong> annimmt,<br />

aus dem 2. Jahrhundert, kann also dem Apostel noch gar nicht bekannt<br />

gewesen se<strong>in</strong>. Dass er bereits bei Philo und den weisheitlichen Texten<br />

vorhanden war, kann Sell<strong>in</strong> nicht überzeugend nachweisen, zumal dar<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> der Regel ja auch gar nicht von ektrōma gesprochen wird, sondern von<br />

amblōsis.<br />

Des leidigen Artikelproblems entledigt sich Sell<strong>in</strong> durch H<strong>in</strong>weis auf<br />

e<strong>in</strong>e grammatische Regel: „Der Artikel vor ektrōma ist aus syntaktischen<br />

Gründen notwendig. ektrōma ist bezogen auf das determ<strong>in</strong>ierte kaimoi<br />

und folglich ebenfalls determ<strong>in</strong>iert.“ 200 Ebenso hatte bereits G. Björck<br />

behauptet, dass „der Artikel nicht nur von e<strong>in</strong>er syntaktischen Regel<br />

gefordert, sondern auch für den S<strong>in</strong>n unentbehrlich“ sei. Nach Björcks<br />

Me<strong>in</strong>ung, der außer Sell<strong>in</strong> auch Munck gefolgt war, sollte mit dem<br />

bestimmten Artikel das Missverständnis abgewehrt werden, Christus<br />

habe sich Paulus <strong>in</strong> der Weise offenbart, wie er sich e<strong>in</strong>er Fehlgeburt<br />

geoffenbart haben würde, m.a.W. es sollte das Missverständnis<br />

ausgeschlossen werden, als habe es Fehlgeburten gegenüber e<strong>in</strong>e<br />

besondere Offenbarungsweise Christi gegeben (!) 201 Zum andern stehe<br />

der Artikel (unbetont) gemäß der Regel, dass Appositionen zu<br />

Personalpronom<strong>in</strong>a den Artikel führten (wie z.B. bei hēmeis hoi<br />

Hellēnes). Man habe daher zu übersetzen: „Er offenbarte sich <strong>in</strong> mir als<br />

e<strong>in</strong>em ektrōma.“ 202<br />

Sicherlich wären viele frühere Exegeten (darunter ausgezeichnete<br />

Philologen), die viel Schweiß und T<strong>in</strong>te für die Lösung des schwierigen<br />

Problems opferten, für diese Belehrung dankbar gewesen. Alle<strong>in</strong>, es ist<br />

sehr zweifelhaft, ob die von Björck behauptete und Munck und Sell<strong>in</strong><br />

übernommene These überhaupt zutrifft. Schon 1973 hatte Peter von der<br />

Osten-Sacken gezeigt, dass die These Björcks schlicht falsch ist, wie<br />

<strong>in</strong>sbesondere aus den beiden Stellen 1 Kor 7:25 („ich gebe e<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung<br />

ab als Begnadeter“ und nicht „wie wenn ich e<strong>in</strong>er wäre“) und Hebr 12:5<br />

(„wie wenn wir Söhne wären“ und nicht „als Söhnen“) deutlich<br />

hervorgehe. Da <strong>in</strong> den beiden genannten Beispielen die durch hōs<br />

e<strong>in</strong>geführten Appositionen überdies artikellos seien, sei auch die zweite<br />

Begründung nicht stichhaltig. Kurz, es bleibe dabei: „Der Artikel <strong>in</strong> der<br />

Bestimmung … bleibt also auffällig und ist nicht nur ‚ganz schwach<br />

200 Sell<strong>in</strong> 1986, S. 251.<br />

201 Munck 1959, S. 181.<br />

202 Björck 1939, S. 3ff.; zustimmend Munck 1959, S. 181ff.; vgl. Conzelmann 1981,<br />

S. 306, Anm. 95<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!