Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik
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unerkennbar bleibt <strong>–</strong> , bis zu se<strong>in</strong>em Tode, d.h. bis zu dem Augenblick,<br />
wo er sich von ihnen töten lässt, um sie selbst so gerade zugrunde zu<br />
richten (vgl. 1. Kor 2,8)?“ 112 Schenke verweist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
auf e<strong>in</strong>en Abschnitt aus der von Hipp Ref 5:26.22 referierten<br />
Baruchgnosis: „Dieser ist Naas; das bedeutet, den elf anderen Engeln<br />
Edems solle man gehorchen.“<br />
Möglich ist im Übrigen auch, dass das tape<strong>in</strong>oun („Erniedrigungs“)-<br />
und das hypēkoos- („Gehorsams“-) Motiv vom Verfasser des Hymnus<br />
wiederum als Gegenbild zum gnostischen Demiurgen <strong>Jaldabaoth</strong> <strong>in</strong>s<br />
Spiel gebracht werden. E<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis darauf ließe sich dem oben bereits<br />
zitierten Berolensis entnehmen; dort war von dem Hochmut des <strong>Jaldabaoth</strong><br />
die Rede, der sich Gott über sie nennen“ ließ, „wodurch er se<strong>in</strong>em<br />
Ursprung, aus dem er entstanden war, ungehorsam war“; AJ (BG 2) p.<br />
42-43. Vielleicht stand dem Verfasser des Hymnus bei der Schilderung<br />
des Gehorsams Christi der Ungehorsam des <strong>Jaldabaoth</strong> vor Augen.<br />
(5) Phil 2:7 heißt es, dass der Gottessohn nach se<strong>in</strong>em Abstieg (aus<br />
dem Pleroma) Knechtsgestalt annahm und den Menschen gleich bzw.<br />
ähnlich wurde (en omoiōmati anthrōpōn genomenos). Die Interpretation<br />
der Stelle hängt von der Bedeutung des Wortes omoiōma ab, das sowohl<br />
mit „Gleichgestalt“ wie auch mit „Ähnlichkeit“ übersetzt werden kann.<br />
Nimmt man das erste an, so müsse, wie man me<strong>in</strong>t, Christus für den<br />
Verfasser voller Mensch gewesen se<strong>in</strong>, nimmt man das zweite an, so<br />
habe Christus nur sche<strong>in</strong>bar die Gestalt e<strong>in</strong>es Menschen gehabt. Der<br />
Verfasser des Hymnus könnte <strong>in</strong> diesem Fall zu Recht des Doketismus<br />
verdächtigt werden, d.h. der Leugnung der echten Leiblichkeit Jesu.<br />
Theoretisch s<strong>in</strong>d beide Übersetzungen möglich. In der Praxis, d.h. am<br />
Katheder und auf der Kanzel, gilt natürlich nur die erste als die<br />
„richtige“. Die Verfechter dieser Auffassung verweisen darauf, dass die<br />
Leiblichkeit Christi für Paulus völlig außer Frage stehe, da er sonst an<br />
anderer Stelle kaum von der Abstammung Christi aus dem Geschlecht<br />
Davids (Röm 1:3) oder von se<strong>in</strong>er Geburt aus dem Weibe (Gal 4:4) habe<br />
sprechen können. Außerdem müsse vor allem auch Röm 8:4<br />
berücksichtigt werden, wo, nach ihrer Me<strong>in</strong>ung das omoiōma zweifelsfrei<br />
im S<strong>in</strong>ne von „Gleichgestalt“ gebraucht werde. Alles <strong>in</strong> allem also gelte:<br />
„Doketische Vorstellungen liegen Paulus völlig fern“ (Schneider). 113 „Es<br />
geht dem Dichter um die volle Inkarnation“(Gnilka). 114 „Wo die<br />
omoiōma-Formel auftaucht, geht es um die wahre und une<strong>in</strong>geschränkte<br />
Menschheit Jesu“ (Michel). 115 „Gegenüber e<strong>in</strong>em doketistischen<br />
112 Schenke 1973, S. 219f.<br />
113 Schneider, S. 197.<br />
114 Gnilka 1976, 1968, S. 121.<br />
115 Michel 1954, S. 91; vgl. Rissi, S. 3320.<br />
© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013