Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik
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se<strong>in</strong>en (gnostisierenden) Grundbestandteilen dem Verfasser des<br />
Philipperbriefes bereits vorlag.<br />
Obwohl Barnikol, Hawk<strong>in</strong>s, Knox und Schenke íhre exegetischen<br />
E<strong>in</strong>sichten mit dem überkommenen Paulusbild dergestalt zu versöhnen<br />
suchten, dass sie die verdächtigen Abschnitte im Christushymnus des<br />
Phlipperbriefes als Interpolationen auf das Konto e<strong>in</strong>es weniger<br />
rechtgläubigen Redaktors setzten bzw. e<strong>in</strong>en von Paulus übernommenen<br />
gnostischen Hymnus annahmen, s<strong>in</strong>d ihre Thesen, wie nicht anders zu<br />
erwarten, von der Mehrheit der Theologen nicht akzeptiert worden. Was<br />
nicht se<strong>in</strong> darf, das nicht se<strong>in</strong> kann. Nach Mart<strong>in</strong>s Me<strong>in</strong>ung bestünde<br />
nicht „a shred of evidence to support this, textually or otherwise.” 130 Das<br />
lässt Zweifel daran aufkommen, ob Mart<strong>in</strong> das Buch Barnikols, der se<strong>in</strong>e<br />
Thesen umfassend begründet, überhaupt jemals zu Gesicht bekommen<br />
hat.<br />
Wer ohne theologische Vore<strong>in</strong>genommenheit an das Problem<br />
herantritt, wird das Recht e<strong>in</strong>er doketischen Interpretation des<br />
entscheidenden Verses Phil 2: 7 kaum bestreiten können. Dies umso<br />
mehr, als sie sich vorzüglich <strong>in</strong> die bisherige Auslegung des<br />
Christushymnus e<strong>in</strong>fügt, die bereits die Umrisse e<strong>in</strong>es gnostischen<br />
Hymnus erkennen ließ, der nach Inhalt und Sprache engste<br />
Verwandtschaft mit ähnlichen Vorstellungen aus dem Bereich der<br />
mythologischen Gnosis des 2. Jahrhundert aufweist.<br />
Der doketische Charakter der Passage erhellt schließlich auch durch<br />
e<strong>in</strong>e Parallele <strong>in</strong> der dreiteiligen Protennoia, die bei der Auslegung von<br />
Phil 2:7 bisher noch zu wenig Beachtung fand. Im letzten Teil (46,4-<br />
50,20) wird der Abstieg des Logos <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Selbstoffenbarung im<br />
Ich-Stil <strong>in</strong> die Welt geschildert. 131 Von drei Offenbarungen ist dar<strong>in</strong> die<br />
Rede, was an den Prolog des Johannesevangeliums er<strong>in</strong>nert. Nachdem<br />
sich der Logos zuerst den himmlischen Mächten und dann denen, die<br />
„(e<strong>in</strong>) Ebenbild [annahmen] bis zu ihrer Vollendung“ durch den „Ruf“<br />
offenbarte, offenbarte er sich schließlich auch den <strong>in</strong> „ihren Zelten“<br />
(Körpern) wohnenden Menschen, 132 und zwar<br />
„<strong>in</strong> der Gleichheit ihrer Gestalt (bzw. ihres ‚Bildes’ 133 ). Und ich trug<br />
jedermanns Kleid, und ich verbarg mich <strong>in</strong> ihnen; und [sie] erkannten<br />
nicht den, der mir Kraft gab. Denn ich wohne <strong>in</strong> allen Mächten und<br />
Gewalten und <strong>in</strong> den Engeln und <strong>in</strong> jeder Bewegung, [die] <strong>in</strong> der<br />
ganzen Materie existiert. Und ich verbarg mich unter ihnen, bis ich<br />
130 Mart<strong>in</strong> 1997, S. 62.<br />
131 Lüdemann 1997, S. 600f.<br />
132 Joh 1:14: „er zeltete (eskēnōsen) unter uns.“<br />
133 So Schenke 1984, S. 47.<br />
© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013