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Jesus versus Jaldabaoth – Gnostische Elemente in ... - Radikalkritik

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25<br />

Da Baur den entscheidenden philologischen Beweis für se<strong>in</strong>e<br />

Behauptung schuldig blieb, ist es verständlich, dass sie sich nicht auf<br />

Dauer halten konnte und die nachfolgenden Exegetengenerationen bald<br />

wieder über se<strong>in</strong>e Entdeckung h<strong>in</strong>wegg<strong>in</strong>gen. Dies offenbar umso lieber,<br />

als Baurs Ausführungen bei der Mehrheit der Theologen ohneh<strong>in</strong> auf<br />

wenig Gegenliebe gestoßen waren, hatte er doch aus se<strong>in</strong>en<br />

Beobachtungen Schlüsse gezogen, die ihnen höchst heikel ersche<strong>in</strong>en<br />

mussten. Baur bestritt nämlich die Authentizität des Philipperbriefes. Er<br />

datierte ihn konsequenterweise <strong>in</strong> dieselbe Zeit wie jene gnostische<br />

Ideen, die er dar<strong>in</strong> widergespiegelt sah, d.h. <strong>in</strong> das 2. Jahrhundert. Damit<br />

hatte er an e<strong>in</strong> Tabu gerührt, das man <strong>in</strong> der Theologenwelt, damals wie<br />

heute, nicht ungestraft verletzen darf, selbst wenn man Baur zugute<br />

halten musste, dass er die vier „Hauptbriefe des Apostels“ (Röm, 1/2<br />

Kor, Gal) verschont hatte und nicht so weit gegangen war wie Bruno<br />

Bauer, der ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen, unter dem Namen des Apostels verfassten<br />

Brief mehr als echt anerkennen wollte.<br />

Was Bauer betrifft, so hatte sich dieser übrigens <strong>in</strong> der Frage der<br />

Auslegung des Christushymnus eng an Baur angeschlossen. Auch nach<br />

Bauer setzt der Philipperbrief die „vollständige systematische<br />

Ausarbeitung der Gnosis voraus; gnostische Formeln s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ihm …mit<br />

e<strong>in</strong>er ausdrücklichen Berichtigung verarbeitet. Der Verfasser des Briefes<br />

lässt mit e<strong>in</strong>em polemischen Seitenblick auf Valent<strong>in</strong>’s System se<strong>in</strong>en<br />

Christus freiwillig thun, was die gnostische Sophia als Folge ihrer<br />

sträflichen Selbstüberhebung erfährt.“ 76 Das ist Orig<strong>in</strong>alton Baur (s.o.),<br />

von dem sich Bauer nur <strong>in</strong>soweit abgrenzt, als er den Brief konsequenter<br />

als Baur, der sich darüber weniger deutlich ausgesprochen hatte, <strong>in</strong> die<br />

„Tiefe des zweiten Jahrhunderts“, d.h. <strong>in</strong> die Mitte des 2. Jahrhunderts,<br />

versetzt. 77<br />

Dass die These Baurs von Bruno Bauer übernommen und weiter<br />

radikalisiert wurde, mag den Ausschlag dafür gegeben haben, sie <strong>in</strong> den<br />

Augen zumal konservativer Theologen vollends zu desavouieren. M.W.<br />

hat es danach nur noch e<strong>in</strong>en Wissenschaftler gegeben, der den Mut<br />

hatte, wieder daran anzuknüpfen, so der Berl<strong>in</strong>er Gnosisforscher und<br />

Neutestamentler Hans-Mart<strong>in</strong> Schenke.<br />

„Das rätselhafte ouch harpagmon hēgēsato to e<strong>in</strong>ai isa theō …<br />

wird me<strong>in</strong>es Erachtens wirklich und konkret verständlich nur auf<br />

dem H<strong>in</strong>tergrund des <strong>in</strong> der Gnosis weitverbreiteten Topos von<br />

der Entstehung der Welt durch den Fall e<strong>in</strong>es göttlichen Wesens,<br />

gewöhnlich der Sophia: Sie trachtet <strong>in</strong> räuberischer<br />

Vermessenheit danach, dem göttlichen Urvater gleich zu se<strong>in</strong>,<br />

76 Bauer 1879, S. 374.<br />

77 Bauer 1879, S. 374.<br />

© Hermann Deter<strong>in</strong>g <strong>–</strong> www.radikalkritik.de 2013

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