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Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen

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106<br />

Die Gefahrenlage besteht aber auch noch während eines kurzen<br />

Haltens. 1 Eine solche Gefahrenlage besteht jedoch nicht, wenn der<br />

Täter an ein bereits geparktes Fahrzeug herantritt, um dessen<br />

Insassen zu berauben. 2 . Auch der Transport eines Tatopfers mit<br />

einem Fahrzeug an einen Ort, an dem die geplante Erpressung<br />

ausgeführt wird, erfüllt nicht den Tatbestand des § 316a StGB. 3 Fasst<br />

der Täte den räuberischen Entschluss, wenn für den Taxifahrer die<br />

Fahrt noch nicht beendet war, er vielmehr nur kurz angehalten hatte,<br />

um zu kassieren <strong>und</strong> danach weiterzufahren, liegt für den Taxifahrer,<br />

gemessen an seiner berufsbedingten Situation, nur ein<br />

vorübergehender Halt <strong>und</strong> deshalb keine Beendigung der Fahrt vor. 4<br />

3.3. Änderung der Rechtsprechung<br />

Diese Rechtsprechung wurde 2003 ausdrücklich aufgegeben 5 : Der<br />

BGH hält eine eng am Schutzzweck der Norm orientierte Auslegung<br />

für notwendig <strong>und</strong> folgt damit kritischen Stimmen in der Literatur. 6<br />

Der BGH folgt damit dem gesetzgeberischen Anliegen des 6. StrRG,<br />

durch das der Deliktscharakter des § 316a StGB von dem früheren<br />

Unternehmensdelikt in ein Delikt geändert wurde, das durch<br />

"Verüben eines Angriffs" begangen wird 7 . Schon die Einordnung der<br />

Vorschrift des § 316a StGB in den Abschnitt über gemeingefährliche<br />

Straftaten verdeutlicht. Die Vorschrift, deren Einführung durch das<br />

Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember<br />

1952 8 erfolgte, diente in erster Linie dem Schutz vor sog.<br />

"Autofallen" 9 <strong>und</strong> damit neben individuellen Rechtsgütern zumindest<br />

gleichrangig den Schutz der Sicherheit des Kraftfahrverkehrs auf<br />

den Straßen bezweckt. Die "Vereinzelung" des Fahrers oder<br />

Mitfahrers begründet für sich allein noch kein Ausnutzen der<br />

besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs. 10<br />

Ausgehend von dieser Zielrichtung der Strafvorschrift des § 316 a<br />

StGB, erfasst der Tatbestand als taugliche Tatopfer eines unter den<br />

spezifischen Bedingungen des Straßenverkehrs in räuberischer<br />

Absicht auf Leib oder Leben oder die Entschlussfreiheit verübten<br />

"Angriffs" nur den "Führer" oder den "Mitfahrer" eines Kraftfahrzeugs.<br />

1 BGHSt 38, 190.<br />

2 BGHSt 24, 320; BGH, NStZ-RR 1997,356 ; BGH, pvr 2002, 110.<br />

3 BGH, NStZ 1998, 263; BGH, pvr 2002, 110.<br />

4 BGH 21.8.2002 2 StR 152/02 = NStZ 2003, 35-36<br />

5 BGH, 4. Strafsenat, Urteil vom 20. November 2003 - 4 StR 150/03.<br />

6 Booß, DAR 1953, 5, 6; Christian Fischer, JURA 2000, 433 f.; Geppert, JURA<br />

1995, 310 f.; Günther, JZ 1987, 16 f. <strong>und</strong> 369 f.; Ingelfinger, JR 2000, 225 f.;<br />

Meurer-Meichsner, Untersuchungen zum Gelegenheitsgesetz im Strafrecht,<br />

zugleich ein Beitrag zu § 316a StGB (Autostraßenraub), 1974; Roßmüller/Rohrer,<br />

NZV 1995, 253 f.; Wolters, GA 2002, 303 f.; jew. m.w.N.<br />

7 BT-Drucks. 13/8587 S. 51.<br />

8 BGBl I 832, 834.<br />

9 BT-Drucks. - 1. WP - 3774 S. 6; dazu BGHSt 39, 249, 250.<br />

10 Aufgabe von BGHSt 5, 280.

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