Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen
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hat das Maß des konkreten Unrechts unter Berücksichtigung eines<br />
angemessenen Schuldausgleichs zu bestimmen. Dabei muss er<br />
sämtliche Umstände (<strong>Strafzumessung</strong>statsachen) zu<br />
berücksichtigen. Aus dieser Bewertung ergibt sich der konkrete,<br />
individuelle in diesem Einzelfall anzuwendende Strafrahmens<br />
(Spielraum). Innerhalb der Grenzen dieses Strafrahmens ist die<br />
konkrete Strafe vom Tatrichter zu bestimmen unter Bewertung<br />
sämtliche Umstände der Tat unter Würdigung der individuellen<br />
Schuld. Bei diesen Überlegungen <strong>und</strong> Bewertungen spielt das<br />
Doppelverwertungsverbot des § 50 StGB keine Rolle - es erfolgt<br />
keine doppelte Verwertung strafmildernder Umstände, wenn bei der<br />
Festsetzung der individuellen Strafe innerhalb des konkret, individuell<br />
anzuwendenden Strafrahmens sämtliche mildernden Umständen<br />
(<strong>und</strong> auch die strafschärfenden natürlich) noch einmal berücksichtigt<br />
werden. § 50 StGB soll lediglich eine mehrfache Verschiebung des<br />
Strafrahmens verhindern.<br />
Der Verteidiger darf sich nicht scheuen in seinen Ausführungen<br />
während des Verfahrens <strong>und</strong> im Plädoyer immer wieder auf die<br />
strafmildernder Umstände hinzuweisen, die für die Bestimmung des<br />
gesetzlichen <strong>und</strong> des individuellen Strafrahmens maßgeblich sind.<br />
Die Argumentation ist umso leichter, je revisionsfester dieser<br />
Tatsachen in das Verfahren eingeführt werden, sei es in durch<br />
Dokumente, die verlesen werden, sei es durch Zeugenaussagen.<br />
Auch Beweisanträge, denen nicht nachgegangen wird, die aber<br />
bezüglich der zu beweisenden Tatsachen konkret strafmildernde<br />
Tatsachen bezeichnen, können Zumessungstatsachen wirksam in<br />
das Verfahren einführen.<br />
3.2.4. Bestimmung der individuellen Strafe<br />
Als vierter Schritt ist in die auszusprechende Strafe aus dem<br />
individuellen Strafrahmen zu bestimmen. Dabei ist zuerst die<br />
Entscheidung zu fällen, ob der Tatrichter auf Geldstrafe oder<br />
Freiheitsstrafe erkennt. Danach ist in geeigneten Fällen die<br />
Möglichkeiten der §§ 59, 60 StGB zu erörtern. Scheidet eine<br />
Verwarnung mit Strafvorbehalt oder ein Absehen von Strafe aus,<br />
muss der Tatrichter die Höhe der Strafe herauszuarbeiten: die<br />
Anzahl der Tagessätzen bei der Geldstrafe sowie die Berechnung<br />
der Höhe des einzelnen Tagessatzes. Kommt für das Gericht nur<br />
einer Freiheitsstrafe in Betracht so ist entsprechend den Vorschriften<br />
der §§ 38, 39 StGB die Höhe der Freiheitsstrafe zu bestimmen.<br />
Kommt der Richter zu einer Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht<br />
übersteigt, ist eine Auseinandersetzung mit der Frage der<br />
Bewährung auf jeden Fall erforderlich. Setzt sich das Gericht mit<br />
dieser Frage im Urteil überhaupt nicht auseinander, liegt ein<br />
Erörterungsmangel vor, der in der Regel zur Aufhebung des Urteils<br />
auf die Revision des Verteidigers führen muss.<br />
3.2.5. Nebenentscheidungen<br />
Erst wenn die Strafe bestimmt ist, soll über die<br />
Nebenentscheidungen beraten <strong>und</strong> bef<strong>und</strong>en werden: Fahrverbot,