Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen
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3<br />
A. Ouvertüre<br />
Ausgangsfall: Arm (Studienrat) <strong>und</strong> Bein (Amtsrichter) sind beide in<br />
großem Umfange sozial, kirchlich <strong>und</strong> anderweitig engagiert. Beide<br />
sind auch Mitglied im Tennisclub. Anlässlich einer Vorstandssitzung<br />
spendiert eine weiteres Mitglied des Vorstandes mehrerer Flaschen<br />
Champagner: Nicht nur den Aufstieg in die höhere Liga gibt es zu<br />
feiern, der Schriftführer feiert auch mit seinen Vorstandskollegen<br />
seine 50. Geburtstag. Die Stimmung steigt, die Verpflichtung neuer<br />
Spieler wird diskutiert, die üblicherweise kurze Vorstandssitzung<br />
dauert mehrere St<strong>und</strong>en – fröhlich <strong>und</strong> voller Tatendrang <strong>und</strong><br />
Hoffnung für die neue Saison fahren auch Arm <strong>und</strong> Bein nach<br />
Hause. Es kommt, wie es kommen musste: Anlässlich einer<br />
Routinekontrolle werden beide angehalten. Die<br />
Blutalkoholkonzentration beträgt bei beiden 1,25 ‰.<br />
Beide erkennen natürlich die kritische Situation sofort <strong>und</strong> suchen am<br />
nächsten Tag einen Rechtsanwalt auf: Arm geht zu dem ihm<br />
bekannten Rechtsanwalt Lustig, Bein hatte berufliche Kontakte zu<br />
Rechtsanwalt Listig <strong>und</strong> meint mit ihm zusammen wäre die beste<br />
Verteidigungstaktik zu erreichen.<br />
Rechtsanwalt Listig nimmt noch am Folgetag Kontakt mit dem<br />
sachbearbeitenden Polizeibeamten, auf telefoniert sich in der<br />
Rechtsmedizin durch, telefoniert mit dem Amtsanwalt, der für<br />
Verkehrssachen zuständig ist. Nachdem er erfährt, wie hoch die<br />
Blutalkoholkonzentration ist, lässt er sich von seinem Mandanten den<br />
Führerschein aushändigen <strong>und</strong> verpflichtet ihn, kein Kraftfahrzeug<br />
mehr zu fahren. Den Führerschein übergibt er dem ermittelnden<br />
Polizeibeamten. Aufgr<strong>und</strong> seiner Intervention wird bereits in der<br />
Folgewoche das Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung zu den Akten<br />
gereicht; mit dem zuständigen Amtsanwalt hat er bereits vereinbart,<br />
einen Strafbefehl über 30 Tagessätze á 50,00 Euro, Entzug der<br />
Fahrerlaubnis <strong>und</strong> 7 Monate Sperrfrist akzeptieren wird. Er berät<br />
gleichzeitig seinen Mandanten über die Möglichkeit der Teilnahme an<br />
Kursen für alkoholauffällige Kraftfahrer. Er ärgert sich dann, dass<br />
entgegen der Abrede der Staatsanwalt einen Strafbefehl über 40<br />
Tagessätze je 60,00 Euro beantragt. Nach Rücksprache mit dem<br />
zuständigen Amtsrichter, den er auch schon im Vorfeld kontaktiert<br />
hatte, erklärt er auch diesem, dass der Strafbefehl auch in dieser<br />
Höhe akzeptiert wird. Der Strafbefehl wird zügig zugestellt, der<br />
Betroffene verzichtet auf Rechtsmittel. Nach Besuch eines<br />
Aufbaukurses stellt er später den Antrag, die Sperrfrist um 3 Monate<br />
zu verkürzen, der Antrag hat Erfolg <strong>und</strong> nach insgesamt 5 Monaten<br />
ohne Fahrerlaubnis erhält arm seinen Führerschein zurück.<br />
Bein dagegen ist verbittert: Er will sich die ungerechte Behandlung<br />
durch Polizei <strong>und</strong> Staatsanwalt nicht gefallen lassen. Auch Listig ruft<br />
den Polizeibeamten an, dass man so mit einem ehrwürdigen<br />
Amtsrichter nicht umgehen könne <strong>und</strong> man doch Rücksicht auf Alter,