Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen
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35<br />
3.2.6.3. Gesamtstrafe <strong>und</strong> Zäsurwirkung<br />
Die Schwierigkeiten bei der Bildung von Gesamtstrafen unter<br />
Beachtung möglicher Zäsurwirkungen früherer Urteile werden an<br />
folgendem Fall 1 deutlich.<br />
Der Mandant war vom Landgericht zum dritten Mal verurteil worden,<br />
das Gericht lehnte die Bildung einer Gesamtstrafe ab; die Revision,<br />
die offensichtlich nur mit der Verletzung nur mit einem Satz vom<br />
Verteidiger begründet worden war 2 (!), hatte wegen der verweigerten<br />
Bildung einer Gesamtstrafe Erfolg:<br />
‣ Urteil vom 10.04.2001, rechtskräftig am 24.01.2002<br />
Taten zwischen Juli 1997 <strong>und</strong> September 2000<br />
‣ Urteil vom 26.09.2001, rechtskräftig am selben Tag<br />
Taten zwischen dem 6. März <strong>und</strong> 20. März 2001 <strong>und</strong><br />
Taten zwischen dem 20. April <strong>und</strong> 10. August 2001<br />
Eine Gesamtstrafe wurde bislang noch nicht gebildet<br />
‣ Urteil vom 22.04.2002<br />
Taten vom 14. <strong>und</strong> 21. September 2001<br />
Das Gericht hat die Bildung einer nachträglichen<br />
Gesamtfreiheitsstrafe nach § 55 StGB aus den im anhängigen<br />
Verfahren verhängten Einzelstrafen <strong>und</strong> den Einzelstrafen aus dem<br />
zweiten Urteil vom 26. September 2001 unter Berufung auf die<br />
Rechtsprechung des BGH 3 mit der Begründung abgelehnt, der<br />
Mandant habe die ihm im vorliegenden Verfahren zur Last gelegten<br />
Taten zwischen den beiden rechtskräftigen Vorverurteilungen<br />
begangen, die wegen der Zäsurwirkung des ersten Urteils vom 10.<br />
April 2001 ihrerseits gemäß § 460 StPO auf eine<br />
Gesamtfreiheitsstrafe zurückzuführen seien.<br />
Das Gericht beruft sich zur Begründung seiner Rechtsauffassung zu<br />
Unrecht auf die Entscheidung des B<strong>und</strong>esgerichtshofs. 4 .Danach ist<br />
die Bildung einer Gesamtstrafe nach § 55 StGB dann<br />
ausgeschlossen, wenn der Richter, der früher entschieden hat, eine<br />
Strafe, die in einer noch früheren Verurteilung ausgesprochen<br />
worden ist, in eine Gesamtstrafenbildung hätte einbeziehen können.<br />
1 BGH 4 StR 332/02 v. 24.10.2002 (Gesamtstrafe)<br />
2 Es ist eine offensichtlich nicht auszumerzende Sitte, unüberlegt möglichst noch<br />
bevor das Urteil zugestellt wurde, Revision gegen ein Urteil des<br />
Landgerichtseinzulegen mit dem Satz: Ich lege gegen das Urteil des Landgericht<br />
Revision ein <strong>und</strong> rüge die Verletzung des formellen <strong>und</strong> materiellen Rechts.<br />
3 BGHSt 32, 190 ff.<br />
4 BGHSt 32, 190 ff