Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen
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2. Strategien der Verteidigung<br />
2.1. Ermittlungsverfahren<br />
Ziel der Verteidigung im Ermittlungsverfahren sollte es sein, eine<br />
Hauptverhandlung zu vermeiden. Die Regelung der §§ 153,153a<br />
StPO ist geeignet für geringfügige Straftaten. Aufgabe der<br />
Verteidigung ist es, die Anwendung frühzeitig ins Gespräch zu<br />
bringen. Auch wenn die Regelungen der §§ 153 ff. StPO<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich für Straftaten minderer Intensität geschaffen wurden,<br />
können sie auch bei Vergehen mittlerer Kriminalität angewandt<br />
werden. Die Regelungen sind geeignet bei erheblicher<br />
Verfahrensverzögerung, die nicht vom Angeklagten zu vertreten ist,<br />
bei nicht vorbestraften Angeklagten, bei massiver Einwirkung durch<br />
Polizeispitze 1 . Möglich ist eine Einstellung auch nach § 153b StPO,<br />
wenn die Voraussetzungen des § 60 StGB oder eine der beiden<br />
Möglichkeiten des § 46a StGB vorliegen<br />
Insbesondere bei den Zumessungstatsachen hat der Verteidiger<br />
Möglichkeiten, die er auf jeden Fall nutzen muss: er kann <strong>und</strong> muss<br />
den Mandanten beraten <strong>und</strong> vorbereiten auf die Strafverhandlung.<br />
Das heißt nicht nur, ihm die einzelnen Stationen des<br />
Ermittlungsverfahren <strong>und</strong> einer eventuellen Hauptverhandlung zu<br />
erklären, nicht nur zu empfehlen vor einer nicht zu vermeidenden<br />
Hauptverhandlung einmal einer Verhandlung (nach Möglichkeit mit<br />
demselben Richter des eigenen Verfahrens) beizuwohnen <strong>und</strong> mit<br />
ihm die Aussage zu üben <strong>und</strong> Fragen zu stellen.<br />
In vielen Fällen besteht auch die Möglichkeit, positiv<br />
<strong>Strafzumessung</strong>statsachen zu schaffen, die sich für den Mandanten<br />
günstig auswirken können. In Verfahren bei denen Alkohol oder<br />
Betäubungsmitteln eine Rolle spielen, kann er den Beschuldigten zu<br />
therapeutischen Maßnahmen oder den Besuch beratender Seminare<br />
veranlassen. Atteste über Drogenabstinenz können schon vor der<br />
Hauptverhandlung nutzen, allerdings in der Berufungsinstanz<br />
natürlich auch eine Festigung der Persönlichkeitsentwicklung<br />
dokumentieren. Aber auch schon für die erste Instanz kann <strong>und</strong><br />
muss ein Verfahren des Täter-Opfer-Ausgleich gem. § 46a StGB<br />
vorbereitet <strong>und</strong> auf den Weg gebracht sein.<br />
2.2. Tätigkeit im Zwischenverfahren<br />
In der Vergangenheit wurde zu wenig während des<br />
Zwischenverfahrens verteidigt. Gr<strong>und</strong> hierfür war sicher nicht nur die<br />
Neigung der meisten Richter, formularmäßig Anklagen zuzulassen,<br />
sondern auch die fehlende Honorierung. Mit dem RVG hat sich dies<br />
geändert: Die Honorierung anwaltlicher Leistungen nach dem RVG<br />
orientiert sich viel mehr nach dem Umfang der Leistungen <strong>und</strong> des<br />
Aufwandes der Verteidigung, als dies noch nach BRAGO üblich war.<br />
1 Bockemühl, S. 1511