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Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen

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(Abs. 1 Nr. 2) StGB, weil die Behinderung nicht die bloße Folge,<br />

sondern der Zweck der verbotenen Fahrweise sei, 1 hält er daran für<br />

die Fälle nicht fest, in denen der Täter lediglich mit<br />

Gefährdungsvorsatz handelt. Der Nötigungscharakter ist ebenso wie<br />

die Inkaufnahme der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer<br />

Bestandteil einer Vielzahl alltäglichen bewusst regelwidrigen<br />

Verkehrsverhaltens (beispielsweise bewusster Vorfahrtverletzungen),<br />

ohne dass solche vorsätzlichen Verkehrsverstöße als "Pervertierung"<br />

gewertet würden. Ebenso wenig kann es für die rechtliche<br />

Einordnung von regelwidrigem Verkehrsverhalten im fließenden<br />

Straßenverkehr auf eine "moralische Bewertung" der Motive<br />

ankommen, aus denen der Täter sein Interesse an der<br />

ungehinderten Fortsetzung seiner Fahrt über das Interesse anderer<br />

Verkehrsteilnehmer an gefahrloser Teilnahme am Straßenverkehr<br />

stellt.<br />

Ein gefährlicher Eingriff im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB liegt<br />

nur dann vor, wenn es dem Täter darauf ankommt, durch diesen in<br />

die Sicherheit des Straßenverkehrs einzugreifen. Sein Handeln muss<br />

durch ein verkehrsfeindliches Verhalten unter bewusster<br />

Zweckentfremdung des Fahrzeugs gekennzeichnet sein. 2 Der Täter<br />

muss mit „Gefährdungsvorsatz“ 3 handeln <strong>und</strong> das Fahrzeug<br />

„bewusst“ zweckwidrig in verkehrsfeindlicher Einstellung einsetzen,<br />

es also nicht seiner Zweckbestimmung entsprechend als<br />

Fortbewegungsmittel gebrauchen, sondern zweckfremd als Mittel zur<br />

Gefährdung eines Menschen missbrauchen.<br />

1.3. Schweigen des Beschuldigten<br />

Schweigt der Beschuldigte zu den Vorwürfen, muss das äußere<br />

Tatgeschehen auf den Vorsatz hinweisen. Schweigen darf nicht zu<br />

Lasten eines Beschuldigten gewertet werden. Fährt ein Kfz-Führer<br />

auf eine Fahrzeugkontrolle zu <strong>und</strong> hat er bei dieser Kontrolle nichts<br />

zu befürchten (etwa wegen einer vorangegangenen<br />

Ordnungswidrigkeit oder weil er keine Fahrerlaubnis hat oder zuvor<br />

eine Straftat begangen hat), kann aus dem äußeren Geschehen<br />

nicht auf einen Vorsatz geschlossen werden, auch wenn der<br />

kontrollierende Beamte sich vor einer Kollision mit dem Fahrzeug nur<br />

durch einen Sprung zur Seite retten kann. Das Gericht muss in<br />

Betracht ziehen, dass die Fahrweise genauso gut durch<br />

augenblickliche Unaufmerksamkeit, falsche Lagebeurteilung oder<br />

sonstiges menschliches Versagen erklärt werden kann, zumal der<br />

Angeschuldigte, der zur Tatzeit erst seit zwei Monaten eine<br />

Fahrerlaubnis für Personenkraftwagen besaß, in der Folgezeit<br />

gebremst <strong>und</strong> sein Fahrzeug zum Stillstand gebracht hat. Kann dem<br />

Täter jedoch bezüglich der Gefahr nur Fahrlässigkeit vorgeworfen<br />

1 BGHSt 21, 301, 302 f.; BGH, Urteil vom 3. August 1978 - 4 StR 146/78; vgl. auch<br />

BGHSt 7, 379, 380; 22, 67, 72; 23, 4, 6 f.; 41, 231, 234; BGH, VRS 64, 267 f.<br />

2 BGH, NStZ 1985, 267; BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 3 Vorsatz 1.<br />

3 vgl. Lackner/Kühl, StGB, 24. Aufl., § 15 Rn. 28.

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