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Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen

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eng auszulegen ist. Jedenfalls dann, wenn für die Entscheidung<br />

mehr als eine Entscheidung möglich ist, insbesondere eine<br />

Ermessungserwägung zum Finden der auszusprechenden Sprach<br />

notwendig ist, kann das Revisionsgericht keine eigene<br />

Sachentscheidung treffen. Auch die Befugnis zum Freispruch oder<br />

zur Festsetzung der absoluten Strafe sind keine Fälle der<br />

<strong>Strafzumessung</strong> im engeren Sinne, da es hierbei an einer<br />

Ermessensausübung fehlt. Gleiches gilt für die Einstellung, die in<br />

diesem Zusammenhang nur die Einstellung wegen eines<br />

nichtbehebbaren Verfahrenshindernisses meint. Jedes andere<br />

Verhalten ist eine Überschreitung der Kompetenz <strong>und</strong> damit eine<br />

Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter. Artikel 101<br />

GG ist daher eine gesetzliche Aufgabenverteilung zwischen<br />

Tatgericht <strong>und</strong> Revisionsgericht. Diese Kompetenz wird<br />

überschritten, wenn ein Revisionsgericht das Ergebnis der<br />

tatrichterlichen <strong>Strafzumessung</strong> aufrecht erhält, obgleich zwei<br />

Einzelstrafen weggefallen sind, die der Tatrichter für die Bildung der<br />

Gesamtstrafe als wesentlich erachtet hatte.<br />

1.3. Besondere Schwere der Schuld<br />

Interessant ist auch folgende Fallkonstellation: Der Angeklagte ist<br />

rechtkräftig wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe<br />

verurteilt. Das Landgericht hat in seinem Urteil die besondere<br />

Schwere der Schuld nicht bejaht. Es hat zwar die Verwirklichung von<br />

zwei Mordmerkmalen bejaht, aber aus Gründen des Einzelfalles von<br />

der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld abgesehen.<br />

Nach Rechtskraft des Urteils ermitteln die Behörden, dass der<br />

Angeklagten unmittelbar vor Begehung des Tötungsdeliktes noch<br />

eine andere schwere Straftat begangen hat. Die Staatsanwaltschaft<br />

klagt diese Tat auch an: Das Landgericht kommt jetzt zu der<br />

Überzeugung, dass der unmittelbar auf diese jetzt angeklagte Straftat<br />

begangene Mord zusätzlich zu den bereits festgestellten<br />

Mordmerkmalen auch das Mordmerkmal der „Verdeckungsabsicht“<br />

erfüllt. In seinem Urteil kommt das Landgericht zu dem Ergebnis,<br />

dass damit auch ein drittes Mordmerkmal verwirklicht ist. Das Gericht<br />

verurteilt ihn wegen der neuen Straftat, bildet mit der vorherigen<br />

Straftat eine Gesamtfreiheitsstrafe <strong>und</strong> bejaht jetzt aufgr<strong>und</strong> der<br />

neuen hinzugekommenen Umstände die besondere Schwere der<br />

Schuld.

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