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Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen

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98<br />

die konkrete Gefährdung der fahrenden Fahrzeuge bewirkt. 1 Nach<br />

den Urteilsfeststellungen warf der Angeklagte in beiden Fällen von<br />

einer über eine Schnellstraße führenden Brücke bei Dunkelheit<br />

Gegenstände von einigem Gewicht unmittelbar auf die mit einer<br />

Geschwindigkeit von ungefähr 80 km/h fahrenden<br />

Personenkraftwagen <strong>und</strong> bewirkte durch das Auftreffen der<br />

Gegenstände deren konkrete Gefährdung. Die Sicherheit des<br />

Straßenverkehrs wurde demnach nicht durch eine Einwirkung auf<br />

den Verkehrsraum bewirkt, die geeignet war, den reibungslosen<br />

Verkehrsablauf zu hemmen oder zu verzögern, 2 sondern sie richtete<br />

sich unmittelbar gegen die fahrenden Fahrzeuge. Dies stellt einen<br />

ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff dar.<br />

Der Schutzzweck des § 315b StGB gebietet eine restriktive<br />

Auslegung der Norm: eine konkreten Gefahr für Leib oder Leben<br />

eines anderen Menschen oder für fremde Sachen von bedeutendem<br />

Wert sind nur verkehrsspezifische Gefahren. Diese Voraussetzung<br />

ist erfüllt, wenn die konkrete Gefahr auf die typische Wirkungsweise<br />

der für Verkehrsvorgänge üblichen Fortbewegungskräfte beruht.<br />

Dies kann durch Ausnutzung der Eigendynamik des vom Täter<br />

selbst benutzten Fahrzeugs (beispielsweise beim Einsatz eines<br />

Fahrzeugs als "Waffe"), durch die Fremddynamik eines von einem<br />

anderen Verkehrsteilnehmer genutzten Fahrzeugs (beispielsweise<br />

durch Hindernisbereiten) oder durch das Zusammenwirken beider<br />

Kräfte erfolgen. Auch ein Eingriff, durch den die sichere<br />

Beherrschbarkeit eines im fließenden Verkehrs befindlichen<br />

Fahrzeugs beeinträchtigt <strong>und</strong> dadurch - mit der Folge eines<br />

"Beinahe-Unfalls" - unmittelbar auf den Fahrvorgang eingewirkt wird,<br />

kann eine verkehrsspezifische Gefahr sein.<br />

Dem sind die Fälle gleichzustellen, in denen durch aufgebaute<br />

Hindernisse auf den Straßenverkehr so eingewirkt wird, dass eine<br />

konkrete Gefahr für Fahrzeuginsassen oder ein Fahrzeug entsteht.<br />

An einer verkehrsspezifischen Gefahr fehlt es nur dann, wenn der<br />

Eingriff zwar zu einer abstrakten Gefährdung des Straßenverkehrs<br />

führt, die sich hieraus entwickelnde konkrete Gefahr aber in keiner<br />

inneren Verbindung mit der Dynamik des Straßenverkehrs steht. 3<br />

Berz stimmt dieser auf "Steinewerfer", die von Brücken auf<br />

Autostraßen oder Autobahnen Steine in den fließenden Verkehr<br />

hinunterwerfen, gemünzten Modifizierung der Rechtsprechung im<br />

Gr<strong>und</strong>e zu. Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr wird vom<br />

BGH bestätigt, wenn durch die Steine lediglich Sachschäden an<br />

Fahrzeugen entstehen, es aber nicht zu Unfällen als Folge der<br />

Reaktionen betroffener Fahrer gekommen ist. 4<br />

1 BGH, Beschluss vom 12. November 2002, 4 StR 384/02 = NStZ 2003, 206.<br />

2 vgl. BGHSt 41, 231, 234.<br />

3 BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002, 4 StR 103/02 = BGHSt 48, 119-126 = NJW<br />

2003, 836-838 = NZV 2003, 196-198 = VRS 104, 216-221 = NStZ 2003, 266-267.<br />

4 Berz u.a. NZV 2003, 198-199.

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