Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen
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"Wiederholungstäter" handelt <strong>und</strong> deshalb die Annahme<br />
gerechtfertigt ist, dass er nur noch mit einer (kurzfristigen)<br />
Freiheitsstrafe beeindruckt werden kann. Insoweit kann es auch von<br />
Bedeutung sein, ob es sich bei den Voreintragungen ggf. nur um<br />
jugendrechtliche Maßnahmen handelt. Dann ist der Angeklagte<br />
hinsichtlich der drohenden Maßnahme nach Erwachsenenrecht<br />
"Ersttäter" <strong>und</strong> der Tatrichter muss sich mit der Frage<br />
auseinandersetzen, warum die Verhängung einer ersten Geldstrafe<br />
nach Erwachsenenrecht nicht genügt. Gerade eine Geldstrafe mit<br />
ggf. höherer Tagessatzzahl kann für einen (jugendlichen) Täter, der<br />
nur über ein geringes Einkommen verfügt, wegen des<br />
Nettoeinkommensprinzips eine erhebliche Belastung sein. Die<br />
<strong>Strafzumessung</strong> ist Sache des erkennenden Richters.<br />
Rechtsfehlerhaft ist sie aber dann, wenn die in den Urteilsgründen<br />
enthaltenen Ausführungen die Besorgnis rechtfertigen, dass der<br />
Tatrichter bei der Bemessung der Strafe gewichtige, sich<br />
aufdrängende <strong>Strafzumessung</strong>sgründe außer Acht gelassen hat.<br />
Die gesetzgeberische Gr<strong>und</strong>wertung gilt auch bei<br />
Trunkenheitsdelikten. Danach sind Freiheitsstrafen unter sechs<br />
Monaten gr<strong>und</strong>sätzlich durch Geldstrafe zu ersetzen.1 Allerdings<br />
eine ungünstige Täterprognose, insbesondere die deutliche<br />
Wahrscheinlichkeit für weiteren Straftaten, kann kurze<br />
Freiheitsstrafen zur Tätereinwirkung gebieten. Insbesondere dann,<br />
wenn eine Geldstrafe im Zusammenhang mit einer Maßregel für<br />
Sicherung <strong>und</strong> Besserung nach der richterlichen Prognose in der<br />
letzten mündlichen Verhandlung nicht ausreicht. Eine schematische<br />
Erhöhung der Sanktionsfrequenz ist jedoch nicht angezeigt.<br />
Insbesondere, wenn der Wiederholungstäter zwischenzeitlich<br />
Maßnahmen zur Korrektur seines Fehlverhaltens, wie<br />
Nachschulungskurse, Aufbauseminare oder Ähnliches besucht hatte.<br />
Sind einzelne Trunkenheitsfahrten von ihrer Motivationslage her nicht<br />
vergleichbar, so spricht dies gegen eine Freiheitsstrafe.2 Dies<br />
eröffnet auch dem Verteidiger Möglichkeiten im Ermittlungsverfahren<br />
gemeinsam mit dem Mandanten auf ein günstiges Ergebnis der<br />
Strafverhandlung hinzuwirken.<br />
3.1.3. Bewährung<br />
Einer Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ist möglich bei<br />
Strafen bis zu zwei Jahren. Dabei unterscheidet das Gesetz<br />
zwischen Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten, Freiheitsstrafen von<br />
mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahren <strong>und</strong> Strafen bis zu zwei<br />
Jahren. Entscheidend ist dabei die festgesetzte Strafe, nicht ein<br />
eventuelle noch zu verbüßender Strafrest bei vorangegangener<br />
Untersuchungshaft. Eine Freiheitsstrafe die bereits vollständig durch<br />
1 Xanke, Rdnr. 274<br />
2 OLG Köln, Strafverteidiger 84, 373; OLG Saarbrücken NStZ 94, 192