Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen
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Ein Ansatzpunkt für die Verteidigung ist immer das Urteil:<br />
Beschwerdegerichte verlangen von dem Tatrichter, dass er sich auch<br />
mit den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen<br />
auseinandersetzt. Nur in diesem Fall kann das Obergericht prüfen,<br />
ob die Verhängung eines Fahrverbots im konkreten Fall etwa wegen<br />
besonderer Umstände in den persönlichen Verhältnissen des<br />
Betroffenen eine unverhältnismäßige Reaktion ist. Unterlässt der<br />
Tatrichter diese Erörterung, liegt ein Erörterungsmangel des Urteils<br />
vor, der zur Aufhebung führen kann. Dieser Fehler wird vom<br />
Beschwerdegericht auf Gr<strong>und</strong> der Sachbeschwerde geprüft. 1<br />
Will das Amtsgericht von einem Fahrverbot absehen, muss es sich<br />
intensiv mit dem Vortrag des Betroffenen auseinandersezten. Dabei<br />
muss es auch darlegen, weshalb es die Angaben des Betroffenen für<br />
glaubhaft <strong>und</strong> richtig hält. Es darf aber nicht ungeprüfte Einlassung<br />
des Betroffenen folgen. 2<br />
3.4 Messung kurz hinter dem Ortseingang<br />
Auch aus der besonderen Situation der Messung kann sich eine<br />
Reduzierung der angenommen Pflichtwidrigkeit ergeben. Zwar muss<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich jeder Kraftfahrer so fahren, dass er zu Beginn einer<br />
Geschwindkeitsbeschränkung die vorgeschriebene Geschwindigkeit<br />
einhalten kann, so also bereits ab Ortseingang die vorgeschriebenen<br />
50 km/h. 3 Eine Milderung des Verschuldens kann das Gericht aber<br />
annehmen, wenn ein ortsunk<strong>und</strong>iger Autofahrer den Beginn der<br />
Ortschaft auf Gr<strong>und</strong> der besonderen Örtlichkeit oder<br />
Sichtverhältnisse nicht erkennt. 4<br />
Eine mildere Beurteilung kann sich aber auch unter Berücksichtigung<br />
der Richtlinien für die Überwachung <strong>und</strong> Aufstellung von<br />
Messgeräten ergeben. Aus den Richtlinien 5 zu<br />
Geschwindigkeitsüberwachen der B<strong>und</strong>esländer 6 ergeben sich zu<br />
berücksichtigenden Toleranzen <strong>und</strong> das konkrete Maß der<br />
Pflichtwidrigkeit 7 . Nach vielen Richtlinien sollen mindestens 150 bis<br />
200 m vom Anfang oder Ende einer Geschwindigkeitsbeschränkung<br />
entfernt die Geschwindigkeitsmessung nicht stattfinden. Wird eine<br />
Geschwindigkeit innerhalb dieses Bereiches dennoch durchgeführt,<br />
so kann dies unter den Gesichtspunkten der Gleichbehandlung aller<br />
Verkehrsteilnehmer in vergleichbaren Konzentrationen zur Annahme<br />
eines Ausnahmefalles <strong>und</strong> zum Fahrverbot führen. 8 Allerdings kann<br />
1 OLG Hamm VRS 103, 221<br />
2 Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 18.01.04, 2 Ss (Owi) 167 B/03<br />
3 BayObLG NZV 95, 496<br />
4 siehe auch Augenblickversagen, BayObLG NStZ-RR 98, 248<br />
5 Zusammenstellung erfolgte zuletzt in DAR 98, 85<br />
6 BayObLG NZV 95, 496; BayObLG NStZ-RR, 02, 345<br />
7 Starken DAR 1998, 85<br />
8 BayObLG VRS 103, 385; OLG Oldenburg NZV 1996, 375