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Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen

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• Nach dem OLG Düsseldorf kann eine<br />

Geschwindigkeitsüberschreitung zur Nachtzeit innerhalb<br />

geschlossener Ortschaft Anlass zu einer<br />

Einzellfallüberprüfung hinsichtlich der Erkennbarkeit der<br />

Geschwindigkeitsbeschränkung geben, sodass bei<br />

entlastenden Umständen von einem Fahrverbot abgesehen<br />

werden kann. 1<br />

• Anderer Auffassung ist das BayObLG, wonach bei einem<br />

ortsk<strong>und</strong>igen Betroffenen nicht von einem Augenblickversagen<br />

ausgegangen werden kann, sodass auch bei Nachzeit ein<br />

grob nachlässiges Verhalten vorliegen kann, mithin das vom<br />

Amtgericht verhängte Fahrverbot gerechtfertigt sei. 2<br />

• Beruft sich der Kraftfahrer darauf, dass er ein die<br />

Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrzeichen schlicht<br />

übersehen hat, <strong>und</strong> kann ihm diese Einlassung nicht widerlegt<br />

werden, so ist der Tatrichter gehalten, sich hiermit in<br />

nachprüfbarer Weise auseinander zu setzen, um diese<br />

Möglichkeit auszuschließen, sofern die Anordnung eines<br />

Fahrverbotes in Betracht kommt. 3 In diesem Fall kommt ein<br />

Fahrverbot nicht in Betracht, es sei denn, gerade die<br />

Fehlleistung des Übersehens beruht auf grober Nachlässigkeit<br />

oder Gleichgültigkeit. 4<br />

• Grob fahrlässig handelt auch ein Kraftfahrer, der eine ihm<br />

bekannt, nur nachts geltende Geschwindigkeitsbeschränkung<br />

missachtet, weil er sein tagsüber gewohntes Verhalten auf<br />

einer nächtlichen Fahrt beibehält. 5<br />

• Grob fahrlässig handelt auch, wer eine<br />

Geschwindigkeitsbeschränkung erkannt hat, aber allein auf<br />

Gr<strong>und</strong> einer Verbreiterung der Straße davon ausgeht, dass die<br />

Beschränkung aufgehoben ist. 6<br />

• Kein Augenblickversagen hat der Richter bei einem<br />

Rotlichtverstoß angenommen, der in den geschätzten Bereich<br />

einer belebten innerstädtischen Kreuzung mit mehreren<br />

Spuren einfuhr: er hatte das für Linksabbieger geltende<br />

Rotlicht übersehen. 7 Diese Entscheidung kann aber nicht<br />

absolut gelten: Auch in einem solchen Fall obliegt es dem<br />

Verteidiger ausführlich dazustellen, wie die Ortskenntnisse<br />

des Betroffenen war, wie der Verkehrsfluss, sowie die Licht<strong>und</strong><br />

Sichtverhältnisse.<br />

Der Gedanke des Augenblickversagens wurde ursprünglich für Fälle<br />

des groben Verkehrsverstoßes entwickelt. Diese Gr<strong>und</strong>sätze gelten<br />

1 DAR 2000, 416<br />

2 DAR 2000, 577<br />

3 OLG Karlsruhe, Die Justiz 98, 224<br />

4 OLG Hamm, StraFo 98, 186<br />

5 BayObLG VRS 99, 373<br />

6 OLG Hamm VRS 101, 43<br />

7 BayObLG VRS 103, 390

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