Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen
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Beschwerde der Staatsanwaltschaft wurde der Beschluss<br />
aufgehoben <strong>und</strong> am 21.07.2000 zurückverweisen. Zu dem<br />
sodann bestimmten Hauptverhandlungstermin vom<br />
• 06.10.2000 erschien der Beschwerdeführer nicht; das<br />
Amtsgericht ordnete erneut eine amtsärztliche Untersuchung<br />
an. Das Gutachten wurde am 23. November erstellt. In der<br />
Hauptverhandlung wurde der Beschwerdeführer mit Urteil vom<br />
• 13.02.2001 verurteilt. Das Amtsgericht stellte dabei eine<br />
justizbedingte rechtsstaatswidrige Verzögerung von<br />
insgesamt 22 Monaten fest.<br />
In der Folgezeit verhinderte der Beschwerdeführer eine Zustellung<br />
des Urteils, indem er die Verteidigervollmachten widerruf <strong>und</strong> neue<br />
Vollmachten auf eine Akteneinsicht beschränkte. Es erfolgte eine<br />
unwirksame Urteilszustellung durch Niederlegung sowie mehrere<br />
Versuche das Urteil dem Beschwerdeführer zuzustellen. Am<br />
• 08.11.2001 wurde das Urteil dann an die mit der Akteneinsicht<br />
beauftragten Rechtsanwältin zugestellt. Diese sandte das<br />
Empfangsbekenntnis nicht unterzeichnet zurück <strong>und</strong> wies auf<br />
die fehlende Zustellungsbevollmächtigung hin. Das<br />
Landgericht verwarf dann mit Beschluss vom<br />
• 25.04.2002 das vom Beschwerdeführer eingelegte<br />
Rechtsmittel als offensichtlich unzulässig. Auf dessen<br />
sofortige Beschwerde hob das Oberlandesgericht den<br />
Beschluss des Landgerichts auf, da die Zustellung an die<br />
Verteidigerin vom 08.11.2001 nicht wirksam war. Die<br />
Zustellung an den Beschwerdeführer gelang erst am<br />
• 14.11.2002 die Revision wurde als offensichtlich unbegründet<br />
verworfen.<br />
Die Verfassungsbeschwerde war hinsichtlich des<br />
Rechtsfolgenausspruches erfolgreich. Überlange Verfahrensdauer,<br />
so das Verfassungsgericht, muss sich messbar bei der<br />
<strong>Strafzumessung</strong> auswirken, denn Strafverfahren von überlanger<br />
Dauer setzten einen Beschuldigten zusätzlichen fühlbaren<br />
Belastungen aus, die in ihren gesamten Auswirkungen einer<br />
angemessenen Sanktion gleichkommen. Die Gerichte haben die<br />
Möglichkeit, hierauf mit einer Einstellung auch den §§ 153, 153 a<br />
StPO zu reagieren, aber auch mit einem Absehen von Strafe <strong>und</strong><br />
einer Verwarnung mit Strafvorbehalt sowie einer einfachen<br />
Berücksichtigung bei der <strong>Strafzumessung</strong>. Dabei ist auch das<br />
Gewicht der Straftat zu sehen, die vorliegend ausdrücklich als<br />
geringfügig bezeichnet wurde.<br />
„Die Verfahrendauer von etwa 10 Jahren ist unangemessen<br />
lang <strong>und</strong> wird auch durch das Prozessverhalten des<br />
Beschwerdeführers nicht gerechtfertigt“. Allerdings ist die<br />
durch die Revisionseinlegung eingetretene Verzögerung<br />
hierbei nicht zu berücksichtigen. Da dies zu den<br />
rechtsstaatlichen Verfahren gehört.