Strafzumessung und Verteidigerstrategie - Ferner & Kollegen
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99<br />
Früher hatte der BGH einen gefährlichen Eingriff in den<br />
Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB schon dann<br />
angenommen, wenn der Eingriff sich in der Gefährdung oder<br />
Beschädigung des Tatobjekts erschöpfte, so dass es an einer<br />
tatbestandlich erforderlichen, "dadurch" verursachten weiteren<br />
Gefährdung fehlte 1 .<br />
Greift der Täter in den fließenden Verkehr ein, indem er<br />
Hindernisse auf der Fahrbahn bereitet oder Gegenstände auf<br />
fahrende Fahrzeuge wirft, kann § 315b Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 StGB<br />
auch dann erfüllt sein, wenn die Tathandlung unmittelbar zu einem<br />
bedeutenden Fremdsachschaden führt <strong>und</strong> dieser Erfolg sich als<br />
Steigerung der durch die Tathandlung bewirkten abstrakten Gefahr<br />
für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt. In Fällen dieser Art<br />
genügt für die Annahme einer vollendeten Tat, dass die durch den<br />
Eingriff verursachte verkehrsspezifische Gefahr zu einem<br />
bedeutenden Fremdsachschaden geführt hat. 2<br />
Die nach dem Wortlaut der Norm doppelte Verknüpfung des<br />
Tatbestandsmerkmals "Beeinträchtigung der Sicherheit des<br />
Straßenverkehrs" sowohl mit der tatbestandlichen Handlung des §<br />
315b Abs. 1 StGB in allen in den Nummern 1 bis 3 aufgeführten<br />
Alternativen als auch mit dem tatbestandlichen Erfolg macht deutlich,<br />
dass Gefährdungshandlungen <strong>und</strong> Gefährdungserfolg in<br />
besonderer Weise kausal miteinander verb<strong>und</strong>en sein müssen,<br />
um den Tatbestand zu erfüllen. Erforderlich ist, dass die Tathandlung<br />
eine abstrakte Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bewirkt,<br />
die sich zu einer konkreten Gefahr für die genannten Schutzobjekte<br />
verdichtet. Das Erfordernis einer zeitlichen Differenz zwischen<br />
Eingriff <strong>und</strong> konkreter Gefahr, wie dies früher vom BGH<br />
angenommen wurde, ist dem Wortlaut der Vorschrift dagegen nicht<br />
zu entnehmen. Der Tatbestand des § 315b Abs. 1 StGB kann daher<br />
in sämtlichen Handlungsalternativen auch dann erfüllt sein, wenn die<br />
Tathandlung unmittelbar zu einer konkreten Gefahr oder Schädigung<br />
führt, sofern dieser Erfolg sich als Steigerung der abstrakten Gefahr<br />
darstellt.<br />
1.7. Fälle der Flucht<br />
Die Teilnahme am Straßenverkehr selbst, auch in gefährlicher<br />
Weise im Verkehrsfluss, ist kein gefährlicher Eingriff i.S.v. § 315b<br />
StGB. Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr liegt nur dann<br />
vor, wenn der Fahrzeugführer mit verkehrsfeindlicher Einstellung das<br />
1 Zuletzt BGHR, StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 3 Eingriff 5 m.w.N.<br />
2 BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002, 4 StR 103/02 = BGHSt 48, 119-126 = NJW<br />
2003, 836-838 = NZV 2003, 196-198 = VRS 104, 216-221 = NStZ 2003, 266-267.