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§ 94 StGB Imstichlassen d. Verletzen Hilfsbedürftigkeit des Opfers: Es handelt sich um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. Es<br />
entscheidet ein objektiver Maßstab. Definition - Hilfsbedürftigkeit: Richtschnur für die Hilfsbedürftigkeit<br />
ist der Eindruck, den ein umsichtiger Beobachter, der sich gewissenhaft erkundigt hat, auf Grund<br />
des Verhaltens des Verletzten, seines Alters, seines Befindens und der Art und Schwere der<br />
Verletzung gewinnen muss. Beachte: Der Beobachter ist nicht der Täter selbst, sondern ein Beobachter<br />
der sich beim Opfer befindet. Mangels tatsächlicher Hilfsbedürftigkeit entfällt der Tatbestand, wenn der<br />
Verletzte wirksam auf Hilfe verzichtet hat, ihm inzwischen von anderer Seite ausreichend, dh insb<br />
sachkundig geholfen wird oder wenn er inzwischen verstorben ist.<br />
Unterlassung der erforderlichen Hilfeleistung: Definition - Hilfeleistung: Hilfeleistung ist jede Tätigkeit, die<br />
darauf abzielt, die aus der Körperverletzung oder Gesundheitsgefährdung erwachsenen<br />
unmittelbaren Folgen rasch und wirksam zu beseitigen, abzumildern oder dem Verletzten<br />
wenigstens die durch die Körperverletzung entstandene Lage zu erleichtern. Der Verletzer ist zur<br />
Vornahme rascher und zweckmäßiger Hilfsmaßnahmen verpflichtet. Er haftet jedoch nicht für den Erfolg.<br />
Nachschaupflicht: Der Verletzer muss sich zunächst erkundigen und überzeugen, ob und in welchem<br />
Umfang der andere verletzt bzw. hilfsbedürftig ist. Die Dauer der Hilfeleistung muss solange erfolgen,<br />
solange der Verletzte hilfsbedürftig ist. Tatsächliche Möglichkeit der Hilfeleistung: Es handelt sich um ein<br />
ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. Wer sich bei einem vom ihm verursachten Unfall selbst schwer<br />
verletzt, der kann dem Kontrahenten auch keine Hilfe leisten.<br />
11. Rechtfertigungsgründe: Pflichtenkollision: Eine Rechtfertigung der Unterlassung durch rechtfertigenden Notstand (bzw.<br />
rechtfertigende Pflichtenkollision) scheidet im Hinblick auf die Sonderregelung des § 94 Abs. 3 aus.<br />
11I. Schuld:<br />
Tatvorsatz: Der Verletzer muss zumindest in Kauf nehmen, dass er untätig bleibt, obwohl er eine<br />
Körperverletzung verursacht hat, sein Opfer hilfsbedürftig und Hilfe tatsächlich möglich ist. Dolus eventualis<br />
reicht aus. Eine gewisse Wahrnehmungs- und Überlegungsfrist wird zugebilligt (fallspezifisch zu beurteilen).<br />
Unrechtsbewusstsein: Irrt sich der Täter bezüglich seiner Verpflichtung, so liegt in der Regel ein<br />
vorwerfbarer Verbotsirrtum vor. Entschuldigungsgründe: Die Frage der Zumutbarkeit der Hilfeleistung ist<br />
von erheblicher Bedeutung. Die Sonderregelung des § 94 Abs. 3 geht dem § 10 vor und zugleich darüber<br />
hinaus. Es gibt drei Fallgruppen: 1. Unzumutbarkeit wegen Todes- oder beträchtlicher Leibesgefahr.<br />
Definition - beträchtliche Leibesgefahr: Eine dem Verletzer drohende Leibesgefahr ist beträchtlich,<br />
wenn bei Abwägung der einerseits ihm und andererseits dem Verletzten drohenden Schäden bzw.<br />
Gefahren auch von einem maßgerechten Menschen vernünftigerweise eine so gefährliche<br />
Strafrecht BT<br />
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