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§ 105 Nötigung<br />
Definition - Drohung: Drohung ist die Ankündigung eines Übels, auf dessen Eintritt der Drohende<br />
Einfluss zu haben vorgibt. Abzugrenzen ist dagegen die bloße Warnung ~ in Zweifelsfällen ist nach dem<br />
Wortlaut und den Sinn der Äußerungen abzugrenzen. Adressaten des Übels können der Genötigte aber<br />
auch Dritte "Sympathiepersonen" (Angehörige oder sonst persönlich nahe stehende Personen) sein ~ Die<br />
Verwirklichung der Ankündigung muss sich auch für den Bedrohten als Übel darstellen.<br />
Die Form der Drohung kann höchst unterschiedlich sein (Worte, Briefe, SMS oder MMS, Gesten, Tonfall<br />
usw.).<br />
Definition - Gefährlichkeit: Eine Drohung ist gefährlich, wenn sie sich gegen nötigungserhebliche<br />
Rechtsgüter des Bedrohten oder seiner Sympathiepersonen richtet und begründete<br />
Besorgniseignung besitzt (§ 74 Abs. 1 Z 5). Nötigungsgeeignete Rechtsgüter sind Leib oder Leben,<br />
Freiheit, Ehre und das Vermögen. Kein nötigungserhebliches Rechtsgut ist grundsätzlich die Privatsphäre.<br />
Unter Freiheit wird subsumiert: Hausrecht, Verhaftung, Anhaltung und Entführung. Unter Vermögen wird<br />
subsumiert: Abwerben von Kunden, Verlust des Führerscheins, Arbeitsplatzverlust, Preisgabe von<br />
Geschäftsgeheimnissen, sofortige Entlassung oder Delogierung. Strafanzeige kann die Ehre, die Freiheit<br />
oder auch das Vermögen bedrohen. Nicht genügt die Drohung mit bloßer körperlicher Misshandlung.<br />
Selbstmorddrohungen, selbst einer Sympathieperson, eignen sich nicht zur Nötigung.<br />
Abgrenzung von Gewalt und Drohung: Vis compulsiva enthält beides, daher ist bei ihr eine Abgrenzung<br />
nicht möglich. Die Gewalt ist ein gegenwärtiges Übel, die Drohung stellt ein künftiges Übel in Aussicht. Es<br />
kommt auf die Umstände des einzelnen Falles an.<br />
Erfolg und Kausalität: Das abgenötigte Verhalten (Handlung, Duldung oder Unterlassung) muss kausal zum<br />
Einsatz des Nötigungsmittels sein (Erfolgsdelikt). Fehlt es an der Kausalität kommt nur Versuch in Betracht.<br />
Unter Duldung werden die Fälle des Fesseins, Umklammerns, Niederdrückens, Niederspritzens und der<br />
Hypnose erfasst (Großteil der Vis absoluta - Fälle spielen sich im Bereich der durch Gewalt erzwungenen<br />
Duldung ab). Beispiele für Nötigung zu einer Duldung = Verbleib in der Wohnung, die Wegnahme von<br />
Schlüsseln, Hinnahme von Nacktaufnahmen, Begrapschen, Mundverkehr und weiteres erzwungen werden<br />
soll. Einschränkungen: Demnach ist Nötigung auf solche Fälle zu beschränken, in denen dem Bedrohten<br />
eine Handlung, Duldung oder Unterlassung von einigem Gewicht abgenötigt wird. Bezüglich der Eignung<br />
der Drohung, für eine begründende Besorgnis ist stets auf die besonderen Umstände des Falles<br />
abzustellen. Die Drohung muss für das Opfer ernst gemeint erscheinen. Es muss ein gemischt objektivindividueller<br />
Maßstab angelegt werden, der auch die in der Person des Bedrohten liegenden Umstände<br />
mitberücksichtigt. Insbesondere besteht begründete Besorgniseignung für nötigungserhebliche Rechtgüter<br />
wie mit Drohung mit dem Tode bzw. mit einer Waffe, mit Vergewaltigung, Zerschneiden des Gesichts, mit<br />
Strafrecht BT<br />
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