DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
CABRIO AUS LÄRCHENHOLZ<br />
HAUS KLIMCZYK IN RIEDEN<br />
Fakten<br />
Standort<br />
Gebäudetyp<br />
Bauherr<br />
Architekt<br />
Fertigstellung<br />
Osterreinen, Rieden am Forggensee, D<br />
Einfamilienhaus (Doppelhaushälfte)<br />
Familie Klimczyk, Rieden, D<br />
Becker Architekten, Kempten, D<br />
Februar 2006<br />
Rieden am Forggensee liegt in einer<br />
jener Gegenden in Deutschland, die<br />
im Ausland als Inbegriff für das<br />
‚Pitto reske‘ in der deutschen Landschaft<br />
gelten und deshalb schon früh<br />
vom internationalen Tourismus entdeckt<br />
wurden. Burgruinen und Badeseen<br />
(allein sieben im Umkreis<br />
von 12 Kilometern), „lauschige<br />
Winkel und malerische Ecken“<br />
führt die Website des Orts als<br />
Argumente an, hier seine Ferien zu<br />
ver bringen. Am gegenüberliegenden<br />
Seeufer, in Sichtweite von Rieden,<br />
erhebt sich Neu schwanstein, das<br />
Märchenschloss des exzentrischen<br />
Bayernkönigs Ludwig II. über den<br />
dichten Nadelwald.<br />
So attraktiv jedoch die landschaft<br />
liche Schönheit Oberbayerns<br />
auf den Touristen wirkt, so hindernisreich<br />
gestaltet sich oft der Versuch,<br />
hier zeitgemäße Neubauten<br />
zu errichten. Die Architektur-Avantgarde<br />
hat es – anders als etwa in der<br />
Schweiz oder in Österreich – noch<br />
immer schwer, in der Region Fuß zu<br />
fassen. Als ungeschriebene Norm<br />
gilt der Bautypus, der im Laufe des<br />
20. Jahrhunderts eher unreflektiert<br />
als der ‚alpenländische‘ akzeptiert<br />
wurde: flach gedeckte, meist<br />
weiß verputzte Häuser mit weit<br />
auskragenden Dächern und ebenso<br />
ausladenden Holzbalkonen. Auch der<br />
Riedener Ortsteil Osterreinen folgt<br />
mit seinen meist aus den 70er-Jahren<br />
stammenden Häusern dieser<br />
Vorgabe. Lediglich vereinzelt findet<br />
man noch die so genannten ‚Schwangauer<br />
Häuser‘, die die Gegend früher<br />
prägten – Holz ständerbauten mit<br />
traufseitiger, meist nach Süden orientierter,<br />
offener Laube.<br />
Ein solches, regionaltypisches<br />
Bauernhaus nahmen sich Becker<br />
Architekten zum Vorbild für den<br />
Entwurf des Hauses Klimczyk. Es<br />
handelt sich um eine Doppelhaushälfte<br />
in der Dorfmitte, deren Pendant<br />
von den Nachbarn zu einem<br />
späteren Zeitpunkt mit einem anderen<br />
Architekten realisiert werden<br />
sollte. Fest stand indessen bereits,<br />
dass der Nachbar ein Massivhaus<br />
wünschte, und so konzipierten die<br />
Architekten Haus Klimczyk als hölzernen<br />
‚Anbau‘, der sich wie der Stalloder<br />
Wirtschaftsteil eines Hofes an<br />
seinen steinernen Widerpart anschließen<br />
sollte. Um dieses Konzept<br />
zu unterstreichen, erhielt das Haus<br />
eine Lärchenholzverschalung mit integrierten<br />
Schiebe-Faltläden, die im<br />
Laufe der Jahre silbergrau verwittern<br />
wird. Durch die Läden lassen<br />
sich die Loggien an der Nord- und<br />
Südseite nahezu komplett öffnen. In<br />
geschlossenem Zustand verschmelzen<br />
Fensterläden und Fassade dagegen<br />
zu einer einzigen, homogenen<br />
Hülle, die in der Tat etwas ‚Scheunenhaftes‘<br />
ausstrahlt. In der Nutzung<br />
erhält das Haus so eine enorme<br />
Flexibilität: Wie ein Cabriolet lässt<br />
es sich an alle denkbaren Licht- und<br />
Wettersituationen anpassen.<br />
Das Leben im Inneren des Hauses<br />
spielt sich auf allen vier Etagen ab,<br />
wobei das Untergeschoss separat<br />
als Einliegerwohnung nutzbar ist.<br />
Sie ist winkelförmig um einen Innenhof<br />
angelegt und wird separat von<br />
außen erschlossen. Die Innenräume<br />
gruppieren sich um einen von oben<br />
belichteten Treppenhauskern, der<br />
der Doppelhaushälfte eine überraschende<br />
Großzügigkeit verleiht. Das<br />
Licht fällt durch Dachwohnfenster<br />
ein, unter denen neun so genannte<br />
‚Lichtkanonen‘ – Lichtschächte aus<br />
weiß lackierten MDF-Platten – für<br />
eine blendfreie, gleichmäßige Lichtverteilung<br />
sorgen. Auch die übrigen<br />
Oberflächen im Haus wurden weiß<br />
gehalten und sorgen so für eine<br />
bestmögliche Lichtausbeute: In den<br />
Wohnräumen wurde weiß geöltes<br />
Parkett verlegt; die Wände bestehen<br />
aus weiß gestrichenen Gipskartonplatten<br />
sowie (im Treppenhaus)<br />
weiß lackierten Hartgipsplatten.<br />
D&A FRÜHJAHR 2007 AUSGABE 05<br />
105