DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
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Gegenüber:<br />
Giovanni Battista Piranesi:<br />
Carceri d’invenzione, 1745<br />
Blatt VI: Das rauchende Feuer /<br />
Il fuoco fumante<br />
Piranesis Radierungen der<br />
‚Carceri‘ haben bis heute Scharen<br />
von Künstlern und Architekten<br />
inspiriert. Ihre eindrucksvolle<br />
Wirkung ist indes vermutlich<br />
Piranesis Verleger Bouchard<br />
zu verdanken: Dieser ließ die<br />
16 ursprünglich eher hell angelegten<br />
Platten 1761 nachbearbeiten,<br />
um ihre dramatische<br />
Wirkung durch stärkere<br />
Kontraste zu erhöhen.<br />
die frei von wirtschaftlichen und strukturellen Beschränkungen<br />
waren, wie sie Bauherren und Baubehörden sonst auferlegen.<br />
Die ‚expressionistischen‘ Filme zum Beispiel waren meist reine<br />
Studioproduktionen mit raffinierten Beleuchtungseffekten und<br />
aufwändigen Filmdekorationen, die alles Zufällige ausschlossen<br />
und nur das psychisch Bedeutsame zuließen. Es wurde auf<br />
Tages- und Sonnenlicht verzichtet, um jede Natürlichkeit oder<br />
naturähnlichen Zustand auszuschalten. Selbst wo sie zum Teil<br />
realen Schauplätzen entstammte, hatte die Architektur mehr<br />
als bloße Kulisse zu sein. Unter der expressionistischen Gestaltung<br />
von Licht, Bildausschnitt und Motiv zeigten sich sonst<br />
unscheinbare Funktionsbauten und lieblich-romantische Ruinen<br />
als Orte kommenden Unheils. Sie waren ‚Stimmungsarchitekturen‘,<br />
überspitzt durch die magische ‚sfumato‘-Lichtregie.<br />
Die Metaphorik des Dekors wurde teilweise so weit reduziert,<br />
dass die Dynamik und Lichtmodellierung der Bildkomposition<br />
durchgängig auf dem Prinzip von Expansion und Kontraktion<br />
heller und dunkler Valeurs aufbaute und man tatsächlich<br />
von ‚abstrakter‘ Architektur sprechen kann. Der Betrachter<br />
wird durch Dekor und Licht in einen Traum ‚eingestimmt‘.<br />
Das Licht hat Vorrang, die Dinge haben keine eigenen Formen,<br />
erst das Licht gibt sie ihnen, indem es sie modelliert. Das<br />
Licht allein existiert, der Gegenstand tritt als Lichtquelle oder<br />
Spiegel desto voller in Erscheinung, je mehr er sich mit dem<br />
Licht identifiziert.<br />
Auch Bruno Taut war von der Auseinandersetzung mit dem<br />
Film angetan, besonders von seiner Eigenschaft als Kollektivkunstwerk.<br />
Er wollte seine phantastischen Pläne wenigstens auf<br />
Zelluloid ausleben, als Ersatz für ihre materielle Undurchführbarkeit<br />
in der Realität. Das Kino bot die Möglichkeit, Alltag<br />
und Phantasie, Wirklichkeit und Utopie zusammenzuführen,<br />
wenn auch nur für kurze Zeit.<br />
Bei der architektonischen Stadtsymphonie ‚Der Weltbaumeister‘<br />
wurde ganz auf Handlung und Darsteller verzichtet und<br />
lediglich ‚der Wandel und das Vergehen phantastischer Architekturformen<br />
als Thema‘ ins Auge gefasst. Sein Filmszenario<br />
enthielt über dreißig Kohlezeichnungen mit breiten Graphitzügen<br />
und drama tischen Lichteffekten auf der schwarz-weiß<br />
kontrastierenden Leinwand. Wenn auch der epische ‚Weltbaumeister‘<br />
unrealisiert blieb, war Tauts Engagement für den Film<br />
doch sehr stark und sein Einfluss von nachhaltiger Wirkung.<br />
Coop Himmelb(l)au und der Komponist Jens-Peter Ostendorf<br />
haben dieses Stück 1993 im Rahmen des Steirischen Herbsts,<br />
eines Festivals in Graz, als Oper realisiert.<br />
Zeitgleich, aber ergebnisreicher war die filmische Beschäftigung<br />
Hans Poelzigs. Die Filmarchitektur für Wegeners Der<br />
Golem, wie er in die Welt kam war ein ‚kunstgewerblicher‘<br />
Ausdruck mit einigen wirksamen Gruseleffekten, der die Massen<br />
mehr anzog als die esoterischen Versuche anderer. Auch<br />
deckte sich Poelzigs eruptiver mittelalterlicher Alptraum keinesfalls<br />
mit der eher naiven Gotik-Utopie der gralsuchenden<br />
Romantiker um Taut, die einer Kristallmanie von Licht domen,<br />
Kristall palästen und kristallenen Weltgebäuden huldigten.<br />
Poelzigs Architekturmassen, erdig und expressionistisch verzerrt,<br />
waren dem genau entgegengesetzt: eine Art Anti-Utopie.<br />
Er versuchte nicht nur den Habitus eines expressionistischen<br />
Bildes auf ein Bauwerk zu übertragen, sondern brachte auch<br />
das Innenleben der Architektur eines gotischen Traumes zur<br />
Darstellung.<br />
In diesem Zusammenhang ist auch Fritz Langs ‚Metropolis‘<br />
zu erwähnen, der auf subtilste Weise das Umkippen der Superstadt<br />
zum Wolkenkratzergefängnis zeigt und die kapitalistische<br />
Skyline durch die Konfrontation der inneren Widersprüche als<br />
neue Unterdrückungsmaschine entlarvt. Bezeichnend dabei<br />
ist die Spaltung der architektonischen Formen in die jeweilige<br />
soziale Klassensprache, denn die Zukunftsstadt ‚oben‘ ist ausschließlich<br />
für die Reichen gemacht. Darunter liegt die Stadt<br />
des Pöbels, und zuunterst befindet sich die unterirdische ‚Produktionsstadt‘,<br />
die den Reichtum der ‚Oberstadt‘ garantiert.<br />
Die moderne Technik erscheint hier als Instrument zur Herrschaft<br />
und Unterdrückung.<br />
Die Zeichensprache ist durchaus hybrid, fast ambivalent,<br />
zum einen ist sie verwandt mit den klassizistischen Repräsentationsbauten,<br />
zum anderen weist sie auf die megalomane<br />
Städtebau-Utopie des italienischen Futuristen Antonio Sant Elia<br />
(Citta nuova, 1914), während die Kubenhäuser der Schlafstadt<br />
mit ihren gleichförmigen Fensteröffnungen und purifizierten<br />
prismatischen Formen die Elemente einer ‚Neuen Sachlichkeit‘<br />
evozieren. Es scheint, als habe Lang neben den menschlichen<br />
Figuren auch die architektonische Form einer diabolischen Dialektik<br />
zwischen Gut und Böse unterziehen wollen.<br />
78 D&A FRÜHJAHR 2007 AUSGABE 05