DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Richard Weston ist Professor für Architektur an der Cardiff University<br />
und Herausgeber der Zeitschrift Architectural Research Quarterly, die von<br />
der Cambridge University Press veröffentlicht wird. Zu seinen Büchern<br />
gehören eine mit dem Sir-Banister–Fletcher-Preis ausgezeichnete Studie<br />
zu Alvar Aalto und das Buch ‚Utzon. Inspiration, Vision, Architecture‘. Seine<br />
neueren Publikationen beschäftigen sich mit der Erforschung natürlicher<br />
Materialien als Quelle für verschiedene digitale Herstellungstechniken;<br />
diese werden in seinem jüngsten Buch ‚Formations: images from rocks‘ und<br />
unter www.naturallyexclusive.com diskutiert.<br />
13<br />
FOTO: GASTON WICKY<br />
licht und energie:<br />
materialentwicklung im zeichen der ökologie<br />
Neben diesen Experimenten mit der visuellen Wechselwirkung<br />
zwischen Material und Licht eröffnen die Entwicklungen in der<br />
Materialwissenschaft ein neues, kaum erforschtes Gebiet. Auf den<br />
ersten Blick könnte man das Seniorenwohnheim von Dietrich<br />
Schwarz in Domat/Ems für einen konventionellen Vertreter der<br />
Schweizer Moderne halten. Tatsächlich aber reihen sich an der höher<br />
gelegenen Südseite des Gebäudes Fenster mit Dreifachverglasung<br />
aneinander, die ein Salzhydrat enthalten, das in flüssigem Zustand<br />
Solarenergie speichern kann. Bei einem Temperaturabfall kristallisiert<br />
die Lösung und ist nicht mehr transparent, sondern wird<br />
undurchsichtig und setzt bei diesem Prozess Wärme frei. Solche<br />
phasenveränderlichen Materialien sind nur ein Beispiel für zahlreiche<br />
Erfindungen, die neue Wege für Gebäudefassaden eröffnen,<br />
um mit natürlichem Licht zu interagieren. Einige sind teuer<br />
und exotisch, zum Beispiel holografisch- optische Elemente (HOE),<br />
deren Farbe je nach Blickwinkel und Sonnenstand variiert und<br />
die der Architektur so den Charakter einer Chamäleonhaut verleihen.<br />
Andere hingegen, wie die in Großbritannien von Digital<br />
Glass entwickelten Druckfolien, sind sehr kosteneffektiv. Sie könnten<br />
bestehende Sonnenschutzsysteme ersetzen und gleichzeitig<br />
neue gestalterische Möglichkeiten schaffen – angefangen von der<br />
Verwandlung von Glasfassaden in riesige Bilder bis hin zu blickdichten,<br />
aber lichtdurchlässigen Trennwänden.<br />
Für moderne, selbstreinigende Materialien – seit jeher ein ‚Heiliger<br />
Gral’ der Glasproduzenten – wird vermehrt das Tageslicht<br />
genutzt, um eine hydrophile Oberfläche zu schaffen, welche die<br />
Reinigung der Gebäudefassade vereinfacht. Die erfolgreichsten<br />
dieser Materialien basieren bislang auf Titandioxid. Sie bieten<br />
den zusätzlichen Vorteil, Sauerstoff zu erzeugen und Schadstoffgase<br />
zu eliminieren; hierdurch ließe sich die Luftqualität in den<br />
Städten wesentlich verbessern.<br />
Angesichts dieser Extreme – einerseits minimalistische Versuche<br />
in Weiß, andererseits die faszinierenden visuellen Eigenschaften<br />
einer Vielzahl von Materialien – könnte man meinen, die<br />
Architektur habe die Grenzen der Interaktion zwischen Material<br />
und Licht ausgelotet. Da aber neue Generationen ‚intelligenter’<br />
Materialien nunmehr erschwinglich sind, eröffnen sich für Bautechnik<br />
und Architektur bislang ungeahnte Möglichkeiten.<br />
2–3. Steven Holl Architects: St.<br />
Ignatius Chapel in Seattle (1997)<br />
Streiflicht, das durch Wandschlitze<br />
und schmale Fenster in<br />
den Kirchenraum fällt, macht<br />
die unregelmäßige Struktur der<br />
Putzoberflächen an den Wänden<br />
und Deckengewölben sichtbar.<br />
4. Alvar Aalto: Versuchshaus in<br />
Muuratsalo (1953)<br />
Die Ziegelwand in seinem Sommerhaus<br />
auf der Insel Muuratsalo<br />
diente Alvar Aalto als<br />
Experimentierfläche für unterschiedliche<br />
Ziegelverbände und<br />
deren Wechselwirkung mit dem<br />
Licht.<br />
5. Sigurd Lewerentz:<br />
Kirche in Klippan (1966)<br />
Einheitlich aus dunklem Backstein<br />
gemauerte Wände, Böden<br />
und Deckengewölbe verleihen<br />
dem Kircheninnenraum einen<br />
höhlenartigen Ausdruck.<br />
6. Jørn Utzon:<br />
Oper in Sydney (1973)<br />
Die im Tagesverlauf ständig<br />
wechselnde Licht- und Farbwirkung<br />
der Oper beruht maßgeblich<br />
auf der Fliesenverkleidung,<br />
auf deren Entwicklung Utzon<br />
drei Jahre verwandte.<br />
7–8. Gigon/Guyer: Liner Museum<br />
in Appenzell (1998)<br />
Die Schuppenhaut aus Chromstahlblechen<br />
konterkariert die<br />
industriell anmutende Sheddachform<br />
des Museums und lässt sie<br />
als eine in der Sonne glänzende<br />
Schatulle erscheinen.<br />
9. Peter Zumthor: Kunsthaus<br />
in Bregenz (1997)<br />
Mit den Phänomenen der Schichtung<br />
und Transluzenz spielt<br />
Peter Zumthor bei seinem<br />
Kunsthaus-Kubus. Die Hülle<br />
lässt die innere Struktur des<br />
Gebäudes nur erahnen.<br />
10. Steven Holl Architects: Bloch<br />
Building, Kansas City (2007)<br />
Maßstabslos und immateriell<br />
durch seine Fassade aus Strukturglastafeln,<br />
bricht Steven<br />
Holls Museumserweiterung<br />
bewusst mit dem gewohnten<br />
Repräsentationsbedürfnissen<br />
dieses Bautypus.<br />
11–12. Tadao Ando: Koshino<br />
House in Ashiya (1981)<br />
Noch nicht ganz die samtige<br />
Glätter seiner späteren Bauten<br />
erreichen die Betonoberflächen<br />
in Tadao Andos frühem Wohnhaus.<br />
Ihre Struktur tritt im<br />
Streiflicht deutlich zutage. .<br />
13. GLASSX AG, Dietrich<br />
Schwarz: Seniorenwohnungen in<br />
Domat/Ems (2004)<br />
Für die transluzenten Fassadenflächen<br />
dieser Wohnanlage verwendete<br />
Dietrich Schwarz ein<br />
Salzhydrat als Wärmespeicher.<br />
Es ändert unter Wärmeeinwirkung<br />
seinen Aggregatzustand<br />
und kann so Wärme aufnehmen,<br />
ohne sich aufzuheizen.<br />
13