DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
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06<br />
Ellen<br />
Lupton<br />
Ellen Lupton ist Autorin, Kuratorin<br />
und Grafikdesignerin. Zu ihren<br />
jüngsten Veröffentlichungen gehören<br />
‚D.I.Y: Design It Yourself‘ (2006)<br />
und ‚Thinking with Type‘ (2004). Sie<br />
ist Leiterin des MFA-Programms in<br />
Grafikdesign am Maryland Institute<br />
College of Art (MICA) in Baltimore.<br />
Zudem arbeitet Ellen Lupton als Kuratorin<br />
für modernes Design am<br />
Cooper-Hewitt National Design Museum<br />
in New York, wo sie zahlreiche<br />
Ausstellungen organisierte und Kataloge<br />
veröffentlichte, so auch das<br />
Buch ‚Skin: Surface, Substance + Design‘<br />
(2002).<br />
www.designwritingresearch.org<br />
Mrs. Lupton, was hat Ihnen die Kultur, in der Sie<br />
aufgewachsen sind, über die ‚Haut‘ von Menschen<br />
und Gegenständen vermittelt, und wie hat sich<br />
diese Vorstellung im Laufe der Jahre gewandelt?<br />
Ich wurde 1963 geboren und habe somit die 70er-Jahre als Teenager und<br />
junge Frau erlebt. In dieser Zeit sexueller Freiheit und Experimentierfreude<br />
bekam man Haut überall zu sehen. Mit dem Aufkommen von AIDS Anfang<br />
der 80er haben die Menschen dann begonnen, die menschliche Haut mit anderen<br />
Augen zu betrachten. Heute verbinden wir den Begriff ‚Haut‘ eher mit<br />
technischen Begriffen wie Schutz, Reparatur und Ausbesserung. Die natürliche<br />
Haut und direkter Körperkontakt haben an Bedeutung verloren. Statt<br />
dessen wird viel Gewicht auf künstliche Hüllen und Oberflächen gelegt. Die<br />
Idee von Oberflächen mit aufgeprägten Bildern und Informationen gewinnt<br />
zunehmend an Bedeutung.<br />
War dieser Wandel der Oberflächen zum Bild- und<br />
Informationsträger auf neue digitale Bild- und Produktionstechniken<br />
zurückzuführen, oder war dies<br />
einfach eine Gegenbewegung zu den überwiegend<br />
schlichten, unverzierten Oberflächen der Dinge<br />
während der Moderne?<br />
Teilweise ist dieser Wandel sicher technisch bedingt, da digitale Technologien<br />
den Planungs- und Produktionsprozess nachhaltig verändert haben und es<br />
heute ermöglichen, Sensoren, LEDs und andere ‚intelligente’ Bauteile in die<br />
Oberfläche von Gegenständen zu integrieren. Andererseits dürften die Veränderungen<br />
auch auf die wachsende Bedeutung der Kommunikation in allen Lebensbereichen<br />
zurückzuführen sein. Heute muss alles und jeder sprechen und<br />
eine Botschaft vermitteln. Der französische Philosoph Jean Baudrillard hat<br />
diese globale Entwicklung bereits Ende der sechziger Jahre in seinen Schriften<br />
zur ‚Herrschaft der Zeichen’ thematisiert. Etwa zur selben Zeit begannen experimentelle<br />
Designer, die gängigen Vorstellungen von Design, das aus der<br />
Struktur eines Objekts entsteht, zu kritisieren und ihre Tätigkeit stattdessen<br />
als eine Art von Publizität anzusehen.<br />
Neue, künstlich hergestellte Hüllen laufen oft den<br />
Sehgewohnheiten zuwider: Harte Gegenstände<br />
wirken weich und umgekehrt, raue Flächen wirken<br />
glatt ... Wird unser Sehvermögen zunehmend unzuverlässig<br />
bei der Wahrnehmung von Oberflächen?<br />
Seit dem Aufkommen der Digitaltechnik können wir uns bei der Einschätzung<br />
der Wahrheit nicht mehr allein auf unsere visuelle Wahrnehmung verlassen.<br />
Sichtbare Flächen können uns täuschen, sie können uns aber auch konkrete Realitäten<br />
vermitteln. Wir haben uns an anpassbare und veränderliche digitale<br />
Oberflächen gewöhnt; sie sind ein Teil unseres Alltags geworden.<br />
Produktdesign und Architektur orientieren sich zunehmend<br />
an den Eigenschaften menschlicher Haut<br />
und natürlicher Oberflächen. Welche Aspekte sind<br />
Ihrer Meinung nach für Designer hier besonders<br />
interessant?<br />
Die Konzeption von Materialien, die Licht sowohl absorbieren als auch ausstrahlen,<br />
ist sehr überzeugend. Heutzutage sind Materialien nicht mehr Nebensache,<br />
sondern Träger von Informationen und Strukturen. Oberflächen<br />
erhalten damit eine wesentliche, nicht mehr nur sekundäre Bedeutung.<br />
Wenn Licht die menschliche Haut berührt, erzeugt<br />
es auf den ersten Blick einen intensiven, aber oberflächlichen<br />
ästhetischen Effekt. Doch die Auswirkungen<br />
dieser ‚Berührung‘ gehen tiefer, unter die<br />
Oberfläche. Inwieweit ist diese unsichtbare Tiefenwirkung<br />
des Lichts für Ihre Arbeit relevant?<br />
Wie schon erläutert, gehört die Fähigkeit einzelner Materialien, Licht aufzunehmen<br />
und auszustrahlen, für mich zu den wichtigsten Errungenschaften moderner<br />
Materialtechnologie und ist somit essentiell für das Design der Zukunft:<br />
Solarmaterialien werden die entscheidende Energiequelle für unseren Lebensraum<br />
sein, sei es durch Licht oder andere Formen nutzbarer Energie.<br />
44 D&A FRÜHJAHR 2007 AUSGABE 05