DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
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04<br />
Nina<br />
Jablonski<br />
Nina Jablonski ist vergleichende<br />
Anthropologin und Paläontologin.<br />
Sie studierte 30 Jahre lang die Fossilfunde<br />
von Primaten und Menschen.<br />
In den letzten 15 Jahren haben sich<br />
ihre Interessen auf diejenigen Fragen<br />
der menschlichen Evolution verlagert,<br />
die durch die Fossilfunde nicht vollständig<br />
beantwortet werden können.<br />
Dazu gehören unter anderem<br />
die Evolution der menschlichen Haut<br />
und der Hautfarbe. Nina Jablonski<br />
lebt und arbeitet zur Zeit in Pennsylvania<br />
im Osten der USA, nachdem sie<br />
ihre Feldforschungen unter anderem<br />
nach China, Kenia und Nepal geführt<br />
haben. www.anthro.psu.edu/facul<br />
ty_staff/jablonski.shtml<br />
Mrs. Jablonski, was haben Ihnen die Kultur, in der<br />
Sie aufgewachsen sind, und Ihre Ausbildung über<br />
die menschliche Haut vermittelt?<br />
Welche Entdeckungen über Haut haben Sie selbst<br />
gemacht, die Sie fasziniert haben?<br />
Konnten Sie bei Ihren Forschungen etwas darüber<br />
herausfinden, wie sich Schönheitsideale bezüglich<br />
der Haut in verschiedenen Kulturen unterscheiden?<br />
Die meisten Menschen, einschließlich mir, haben in ihrer Jugend nur nebenbei<br />
von diesem Thema erfahren, ohne dass es zum Beispiel in der Schule eine Rolle<br />
gespielt hätte. Dennoch interessiere mich schon seit vielen Jahren dafür und<br />
habe einige Forschungen darüber betrieben.<br />
Wir sehen unsere Haut als selbstverständlich an, obwohl sie biologisch und<br />
kulturell sehr wichtig für uns ist. Wenn Sie innehalten und Ihr eigenes Leben und<br />
Verhalten, aber auch die Verhaltensweisen Ihrer Mitmenschen betrachten, beginnen<br />
Sie zu verstehen, was die Haut für uns tut. Die Haut sagt über uns eine<br />
Menge aus. Wenn wir jemanden anschauen, können wir allein an der Haut das<br />
Alter oder den Gesundheitszustand erkennen. Die Hautfarbe lässt zudem erahnen,<br />
woher eine Person oder ihre Vorfahren stammen könnten. Die wichtigsten<br />
zwischenmenschlichen Beziehungen werden über unsere Haut vermittelt. Als<br />
Tastorgan ist sie eine der wichtigsten Schnittstellen, über die wir miteinander<br />
kommunizieren und durch die wir Informationen aus der Welt erhalten. Obwohl<br />
wir als Primaten sehr visuell orientierte Tiere sind, ist der Tastsinn für unsere<br />
Entwicklung und unser Wohlbefinden unerlässlich.<br />
Meine eigene Forschung hat sich hauptsächlich auf die Evolution der Hautfarbe<br />
konzentriert. Die Pigmentanzahl in unserer Haut steht im Verhältnis zur<br />
ultravioletten Strahlung des Sonnenlichts, dem unsere Vorfahren ausgesetzt<br />
waren. Diejenigen von uns, deren Vorfahren in der Nähe des Äquators lebten,<br />
haben dunkel pigmentierte Haut entwickelt, die sie vor Schäden durch hohe UV-<br />
Strahlung schützt. Diejenigen, deren Vorfahren außerhalb der Tropen lebten,<br />
entwickelten einen helleren Hauttyp, der die Produktion von Vitamin D in der<br />
Haut durch UV-Strahlung begünstigt. Das Faszinierende dabei ist für mich die<br />
Tatsache, dass sich die Menschen heute viel schneller bewegen als früher. Wir<br />
können Tausende von Kilometern in ein paar Stunden zurücklegen und uns in<br />
sonnenreiche Gebiete begeben, die sich deutlich von den Lebensräumen unserer<br />
Vorfahren unterscheiden. Als Menschen gehen wir davon aus, dass dabei schon<br />
alles gut geht. Manchmal ist das allerdings nicht der Fall. Menschen mit hellerer<br />
Hautfarbe leiden an schwerwiegenden biologischen Problemen, wenn sie ihre<br />
Körper für längere Zeit intensivem Sonnenlicht aussetzen. Ähnlich leiden dunkelhäutige<br />
Menschen an anderen biologischen Problemen, wenn sie sich länger<br />
außerhalb der Tropen aufhalten, weil ihre Körper in dem dort relativ schwachen<br />
Sonnenlicht nicht genug Vitamin D aus UV-Strahlung erzeugen können. Die<br />
Lehre hieraus ist, dass wir unserer Biologie nicht entfliehen können!<br />
Schönheitsideale unterscheiden sich dramatisch von einer zur anderen Kultur.<br />
Ein wundervolles Beispiel dafür sind Augenbrauen. In den meisten amerikanischen<br />
und europäischen Kulturen achten Frauen darauf, dass ihre<br />
Augenbrauen deutlich getrennt und genau definiert sind. Unter den Uiguren<br />
in Westchina ist es dagegen üblich, dass die Augenbrauen bei Frauen voll und<br />
zusammengewachsen sind, so dass ein ausdrucksstarker Akzent über der Augenpartie<br />
entsteht. Sie gehen sogar so weit, sich eine spezielle Creme zwischen<br />
die Augen zu reiben, um den Haarwuchs zu verstärken.<br />
Auch in Zusammenhang mit der Hautfarbe gibt es in ästhetischer Hinsicht<br />
große Unterschiede. In Japan zum Beispiel werden Frauen mit sehr blasser Haut<br />
als attraktiv und begehrenswert angesehen, da die helle Haut deutlich zeigt,<br />
dass die Frau nicht im Freien arbeiten muss und daher wahrscheinlich einen<br />
hohen Status besitzt. Im Gegensatz dazu gelten in vielen amerikanischen und<br />
europäischen Ländern braungebrannte Frauen als attraktiver, da ihre Haut auf<br />
40 D&A FRÜHJAHR 2007 AUSGABE 05