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DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl

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Von Jakob Schoof.<br />

Fotos von Adam Mørk.<br />

Ein Bauwerk ohne Ewigkeitsanspruch sollte das ‚Interpretationszentrum<br />

für das historische Erbe’ in der Burg von Brie-<br />

Comte-Robert werden: leicht, transparent und im Zweifel<br />

schnell wieder abzubauen. Hinter seiner Lärchenholzfassade<br />

birgt das Museum Säle voller Tageslicht, in denen die alten<br />

Fundstücke, die rekonstruierten Burgmauern und die moderne<br />

Holzkonstruktion gleichwertig nebeneinander stehen.<br />

Rund 30 Kilometer südöstlich von Paris<br />

steht inmitten der Hügellandschaft der Brie<br />

ein Baudenkmal, das nur die wenigsten Reiseführer<br />

verzeichnen und das doch, glaubt<br />

man den Historikern, Modellcharakter<br />

besitzt für viele mittelalterliche Burgen in<br />

Frankreich. Das Château du Brie-Comte-<br />

Robert, ein quadratischer Bau mit runden<br />

Ecktürmen, liegt nur wenige Schritte vom<br />

Marktplatz entfernt im Zentrum der gleichnamigen<br />

Kleinstadt. Über einen breiten<br />

Wassergraben führen heute wie vor Jahrhunderten<br />

zwei Brücken auf die beiden,<br />

durch quadratische Türme geschützten<br />

Burgtore zu. Diese Öffnung nach zwei Seiten<br />

und der daraus resultierende Durchgangscharakter<br />

der Burg sind, soweit man weiß,<br />

in der Region einzigartig.<br />

Errichtet wurde die Burg Ende des 12.<br />

Jahrhunderts von Robert I. von Dreux, dem<br />

Herrscher über die Brie und Bruder des<br />

französischen Königs Louis VII. Von seinem<br />

Bauwerk war 1982 nicht mehr viel erhalten<br />

außer einigen Resten der rund 2,30 Meter<br />

dicken Kalksteinmauern. Seither jedoch<br />

haben die Amis du Vieux Château, eine Vereinigung<br />

ehrenamtlicher Helfer, Bemerkenswertes<br />

geleistet: Ein großer Teil der<br />

Burgmauer sowie ihrer insgesamt acht<br />

Türme wurde wieder aufgebaut. Ausgrabungen<br />

im Innenhof förderten außerdem<br />

zahlreiche Mauer reste ehemaliger Wohntrakte<br />

zutage. Unterstützt wurden die Ausgräber<br />

dabei von einer Vielzahl privater und<br />

öffentlicher Geldgeber. Diese ermöglichten<br />

es der Vereinigung auch, 2003 ihr bislang<br />

ambitioniertestes Projekt in Angriff zu nehmen:<br />

den Bau eines kombinierten Betriebsund<br />

Ausstellungsgebäudes oder, in der<br />

französischen Amtssprache, eines CIP (‚Centre<br />

d’interprétation du patrimoine’). Darin<br />

sollten neben einem Ausstellungssaal auch<br />

Räume für die Museumspädagogik sowie<br />

Büros und ein großer Gruppenraum für die<br />

Ausgrabungshelfer Platz finden.<br />

Geplant wurde der 400 Quadratmeter<br />

große, rund 725 000 Euro teure Neubau<br />

von den Architekten Semon Rapaport aus<br />

Brie-Comte-Robert und dem Museumsgestalter<br />

Lorenzo Piqueras. Wie stets, wenn<br />

inmitten historischer Mauern Neues entstehen<br />

soll, hatte auch die nationale Denkmalschutzbehörde<br />

ACMH ein gewichtiges<br />

Wörtchen mitzureden. Ihr Chefarchitekt<br />

Jacques Moulin erstellte für das Projekt ein<br />

Pflichtenheft, das einen Holzbau verlangte –<br />

zum einen, weil sich dieses Material deutlich<br />

von den alten Mauern unterscheiden würde<br />

und zum anderen, weil eine Holzkonstruktion<br />

für spätere, weitere Ausgrabungen relativ<br />

leicht wieder abgebaut werden könnte.<br />

Auch aus ästhetischen Gründen gab Moulin<br />

dem Holz den Vorzug: „Die mittelalterlichen<br />

Monumente, die auf uns gekommen<br />

sind, ähneln oft Muscheln, von denen nichts<br />

mehr außer der Schale übrig geblieben ist.<br />

Alle leichten Bauteile sind verschwunden.<br />

[…] Es erscheint mir daher wünschenswert,<br />

diese Materialvielfalt in den Bauwerken, die<br />

wir restaurieren, wieder neu entstehen zu<br />

lassen, da sie ein charakteristischer Wesenszug<br />

westlicher Baukonstruktionen war.“<br />

Schließlich gab auch das geringe<br />

Gewicht den Ausschlag für eine Holzkonstruktion:<br />

Am Standort des Gebäudes,<br />

in der Nordecke der Burg, haben bislang<br />

keine Ausgrabungen stattgefunden. Um<br />

die hier möglicherweise noch verborgenen<br />

Funde zu schützen, durfte der Boden weder<br />

durch schwere Konstruktionen noch durch<br />

schweres Baugerät belastet werden. Das<br />

92 D&A FRÜHJAHR 2007 AUSGABE 05

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