DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
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zeigen, andeuten, weglassen:<br />
der informationsgehalt von zeichnungen<br />
ZEICHNUNG: SIN CITY © FRANK MILLER, INC. ALL RIGHTS RESERVED. ZEICHNUNG: GOTTFRIED BÖHM / ARCHIV DEUTSCHES ARCHITEKTURMUSEUM<br />
Um besser zu erklären, was ich hier meine, werde ich als vergleichendes<br />
Beispiel die Entwurfszeichnung von Gottfried Böhm<br />
für die Kirche in Neviges und den Comic ‚Silent Night‘ aus der<br />
Serie ‚Sin City‘ von Frank Miller heranziehen. Beide sind Schwarz-<br />
Weiß-Zeichnungen mit extremen Kontrasten, wobei bei Miller<br />
Graustufen praktisch nicht vorhanden sind. Man erkennt<br />
lediglich die Konturen, und diese sind reduziert auf das Minimum.<br />
Die Bildaussage baut auf der Dichte an Information auf.<br />
Das Bild regt zur Imagination an, man kann sich die Grundzüge<br />
des Raums vorstellen, und der Rest ist Interpretation. In<br />
der Kunst oder beim Comic funktioniert diese Strategie problemlos.<br />
In der Architektur wird es dagegen schwieriger, denn es<br />
handelt sich um eine persönliche Zeichnung autobiografischen<br />
Charakters, die sich schwer beurteilen lässt, weil sie lediglich die<br />
künstlerische Absicht zeigt. Selbst die ‚räumlichen‘ plakativen<br />
Darstellungen von Archigram, die der Pop- und Comic-Kultur<br />
sehr nahe waren, geben keine weiteren Auskünfte über den<br />
simulierten Raum. Die 2D-Collagen, für die sich der Betrachter<br />
spontan oder willkürlich (es fehlen die Entscheidungsparameter)<br />
begeistern kann oder eben nicht, bleiben dem Papier<br />
verhaftet. Man kann diese Zeichnungen nur als Konzeptdiagramme<br />
verstehen.<br />
Setzt man jedoch voraus, dass man mit dem Auge auch denken<br />
kann, und begreift man die architektonische Zeichnung als<br />
Medium, mit dem man zukünftige Umgebungen kommunizieren<br />
und simulieren und auch eine Idee prüfen kann, bevor sie realisiert<br />
wird, ist das zu wenig. Abgesehen von ästhetischen (Skizzen<br />
und Zeichnungen) und funktionalen Überlegungen (ein technischer<br />
Plan, Grundrisse, Schnitte und Ansichten) müssen wir<br />
wissen, was unser Tun tatsächlich anstellt. Aber wird da nicht<br />
zu viel von der Zeichnung verlangt? Wieder auf den Vergleich<br />
mit König Lear zurückkommend, muss man vielleicht erkennen,<br />
dass wir dieses Medium nur so lieben können, wie ein Entwerfer<br />
sein Werkzeug zu lieben hat – nicht mehr und nicht weniger<br />
–, und dass wir die Grenzen dieser Ausdrucksweise bereits<br />
erreicht haben und uns fragen müssen, welche neuen Instrumente<br />
im 21. Jahrhundert notwendig sind, um die Welt von<br />
morgen entwerfen zu können. Dies ist eine inhaltlich konzep-<br />
80 D&A FRÜHJAHR 2007 AUSGABE 05