DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
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05<br />
Gary<br />
Schneider<br />
Gary Schneider wurde 1954 in Südafrika<br />
geboren. Er wuchs in Kapstadt<br />
auf und zog 1977 nach New York.<br />
Seine Erfahrungen im Bereich Malerei,<br />
Theater und Film führten ihn zur<br />
Fotografie. Gary Schneiders Installation<br />
Genetic Self-Portrait wurde<br />
1998 im Musee de l’Elysee in Lausanne<br />
sowie im Santa Barbara Museum<br />
in Kalifornien ausgestellt und<br />
in einem Buch von LightWork veröffentlicht.<br />
Eine Retrospektive seiner<br />
Portraits wurde 2004 im Sackler<br />
Museum in Harvard, Boston ausgestellt<br />
und in einem Katalog der Yale<br />
Press veröffentlicht. 2005 wurde<br />
das Buch Nudes veröffentlicht und<br />
die darin enthaltenen Fotografien<br />
von Aperture in New York ausgestellt.<br />
http://museum.icp.org/museum/<br />
exhibitions/schneider/<br />
Mr. Schneider, was haben Ihnen die Kultur, in der<br />
Sie aufgewachsen sind, und Ihre Ausbildung über<br />
die menschliche Haut vermittelt?<br />
Inwiefern hat diese Wahrnehmung der Haut Ihren<br />
Karriereweg verändert?<br />
Auf den meisten Ihrer Portraits nähern Sie sich der<br />
Haut einer Person sehr oder schauen sogar buchstäblich<br />
darunter – wie zum Beispiel in Ihrer Serie<br />
‚Genetic Self-Portrait‘. Denken Sie, dass Sie eine<br />
Person – oder sich selbst in diesem Fall – dadurch<br />
besser kennenlernen?<br />
Ihre Serien ‚Genetic Portraits‘ und ‚Nudes‘ haben<br />
nichts mit den landläufigen Assoziationen eines<br />
Portraits gemein wie etwa ‚Schönheit‘ oder<br />
‚Charakterausdruck‘. Sie sind eher eine wissenschaftliche<br />
und methodische Untersuchung des<br />
menschlichen Körpers. Entsprechen sie damit dem<br />
Bild, das wir in der Zukunft von uns selbst haben<br />
werden, nach der Erfindung von DNA-Tests und biometrischen<br />
Ausweisen?<br />
Wenn Licht die menschliche Haut berührt, erzeugt<br />
es auf den ersten Blick einen intensiven, aber oberflächlichen<br />
ästhetischen Effekt. Doch die Auswirkungen<br />
dieser ‚Berührung’ gehen weit tiefer.<br />
Inwieweit ist gerade diese nicht-visuelle und nichtoberflächliche<br />
Wirkung für Ihre Arbeit relevant?<br />
Meine Jugend in Südafrika hat mich gelehrt, misstrauisch gegenüber rassistischen<br />
Vorurteilen zu sein. Ich habe früh erkannt, dass Bedeutung nicht auf<br />
der Oberfläche liegt.<br />
Seit 1975 habe ich mich sehr genau mit der Oberfläche der Haut und anderen<br />
Themen aus der Biologie befasst. Ich habe entdeckt, dass das Studium der<br />
Oberfläche mich zur Meditation führt. Meditation oder ritualisiertes Verhalten<br />
erlaubt meinem Motiv, sich zu offenbaren. Die Haut ist unwichtig. Sie ist lediglich,<br />
was wir sehen, und nicht, was wir fühlen. Ich habe gelernt, dass Licht<br />
dazu benutzt werden kann, die Oberfläche zu transformieren, so dass sie nicht<br />
länger im Vordergrund steht.<br />
Meine Arbeiten sind so strukturiert, dass meine Motive und ich sich während<br />
des Prozesses gegenseitig kennenlernen können. Wir lernen durch den Austausch<br />
bei der Erstellung des Portraits. Ich interpretiere diese Informationen<br />
für Sie, den Betrachter. Beim ‚Genetic Self-Portrait‘ habe ich mit Wissenschaftlern<br />
und bei den Portraitfotografien, die ich mit meiner eigenen Kamera aufgenommen<br />
habe, mit Freunden und Verwandten zusammengearbeitet. Meine<br />
Erfahrung des Portraits unterscheidet sich von den Erfahrungen, die der Portraitierte<br />
oder der Betrachter damit machen. Meine Portraits sind Meditationen<br />
über Privatsphäre und Sterblichkeit.<br />
Identität ist der Hauptfokus meiner Portraits. Das fotografische Portrait verbindet<br />
häufig Schönheit und Glamour. Schönheit motiviert mich, aber meine<br />
Arbeiten sind niemals glamourös. Jede Arbeit entspricht einer reduktiven und<br />
rigorosen Methodik, so dass ein Vergleich zwischen den Portraits möglich ist.<br />
Ich versuche stets eine Situation herzustellen, in der ich voll kontrollieren kann,<br />
wie ich die Informationen sammle, und in der das Motiv nicht kontrollieren kann,<br />
was es preisgibt. Davon abgesehen, unterscheiden sich die Werkgruppen fundamental<br />
voneinander. Die genetischen Portraits sind ein Archiv der Geschichte<br />
der forensischen Wissenschaften. Die ‚Nudes‘ und die ‚Heads‘, die ich 1989 begann,<br />
wurden dagegen alle im Dunkeln fotografiert, mit einer kleinen Lichtquelle,<br />
mit der ich die Details jeder Person nachzeichnete. Die Sequenz der Bilder ist<br />
für jede Serie die gleiche. Alle Bilder werden auf Film über einen Zeitraum von<br />
ein bis zwei Stunden aufgenommen.<br />
Licht ist mein Zeichenmaterial. In den Kameraportraits erzählt es mir die<br />
Geschichte meiner Beziehung zum Motiv. In den Abdruckportraits, wie zum<br />
Beispiel bei den Handabdrücken oder Masken, ist das Licht ausschließlich metaphorisch,<br />
da die Lichtbereiche aus Schweiß und Hitze entstehen, wenn die<br />
Haut die Filmemulsion berührt. Sie sehen wie Licht aus. Licht erzählt mir immer<br />
die Geschichte. Licht hat mir ermöglicht, so nah an die Wahrheit heranzukommen<br />
wie möglich.<br />
FOTO: GARY SCHNEIDER<br />
Links: Gary Schneider: Genetic Self-Portrait<br />
Mask, 1999<br />
‚Kontaktabzüge‘ des menschlichen Körpers<br />
stellt Gary Schneider mit seinen ‚Imprints‘<br />
her. Was aussieht wie ein geheimnisvolles<br />
Licht, sind in Wirklichkeit Schweiß und<br />
Körperwärme, die auf die Film-Emulsion<br />
einwirken .<br />
D&A FRÜHJAHR 2007 AUSGABE 05<br />
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