DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
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FOTO: KATHRIN SCHÄFER<br />
FOTO: ROLAND HALBE<br />
STRASSENGRÜN ALS<br />
KUNSTOBJEKT<br />
LEUCHTKRANZ AUF DER<br />
MAUERKRONE<br />
Die Gabelsbergerstraße im Münchner<br />
Stadtteil Maxvorstadt hat sich<br />
in den Nachkriegsjahrzehnten zu<br />
einer „Rennstrecke“ für den Durchgangsverkehr<br />
entwickelt. Tausende<br />
Fahrzeuge nutzen die Einbahnstraße<br />
täglich, um in die Innenstadt zu gelangen.<br />
Nicht ein Baum belebt den trostlosen<br />
Straßenraum, der von wenig<br />
attraktiven Nachkriegsbauten flankiert<br />
wird. Zu ihnen gehörte lange<br />
Zeit auch das Haus Gabelsberger<br />
Straße 30: Seine Fassade war in den<br />
70er-Jahren durch ein Rautenmuster<br />
in Ocker und Braun ‚verziert‘ worden<br />
und wirkte doch trist und kahl.<br />
2004 erhielt der junge Münchner<br />
Architekt Jakob Bader den Auftrag,<br />
das fünfgeschossige Wohnhaus<br />
umzubauen und aufzuwerten. Zum<br />
Ausgangspunkt seines Entwurfs<br />
machte Bader den eklatanten Mangel<br />
an Straßengrün. Bäume, eine<br />
Allee, so sein erster Gedanke, würden<br />
Schatten spenden, den Verkehrslärm<br />
mindern und dem gesamten<br />
Straßenraum ein attraktiveres Gepräge<br />
geben. Da es nicht möglich war,<br />
einfach einige Bäume auf dem Gehsteig<br />
zu pflanzen, beauftragte Bader<br />
die Foto-Künstlerin Kathrin Schäfer<br />
mit Aufnahmen von Kastanienlaub.<br />
Die in München sehr populären Allee-<br />
und Biergartenbäume sollten, auf<br />
Glasscheiben gedruckt, die Hausbewohnern<br />
zumindest dem Gefühl nach<br />
‚im Grünen‘ wohnen lassen. Maler<br />
strichen das Haus in frischer grüner<br />
Farbe; ein Schlosser montierte rund<br />
120 laufende Meter Stahlschienen<br />
wie Eisenbahnschienen vor die Fassade.<br />
In ihnen laufen insgesamt 56<br />
Schiebeläden aus bedrucktem Glas:<br />
eine bewegliche Allee, saftig leuchtend<br />
und wildromantische Blätterschatten<br />
nach drinnen werfend, die<br />
vom ‚Original‘ auf den ersten Blick<br />
nicht zu unterscheiden sind.<br />
Badajoz, die spanisch-portugiesische<br />
Grenzstadt am Ufer des Guadiana,<br />
hat sich auch in Zeiten der<br />
europäischen Einigung noch ihr<br />
wehrhaftes Äußeres erhalten. Eine<br />
weitläufige, im portugiesischen Unabhängigkeitskrieg<br />
1640 – 1668<br />
nach dem Vorbild des französischen<br />
Ingenieurs Vauban errichtete Festungsmauer<br />
umgibt den Stadtkern.<br />
Sie diente in den folgenden Jahrhunderten<br />
nicht immer nur kriegerischen<br />
Zwecken: Schon im 18. Jahrhundert<br />
erhielt eine der weit ausgreifenden<br />
Bastionen eine kreisrunde Vertiefung,<br />
die als Stierkampf-Arena oder<br />
Freilufttheater genutzt werden<br />
konnte. Oder als Kongresszentrum:<br />
So sahen es die Vorgaben für den Architektenwettbewerb<br />
1999 vor, den<br />
das Büro selgascano von José Selgas<br />
und Lucia Cano gewann. „Alles, was<br />
wir suchten, war immer schon vorhanden<br />
– direkt vor unseren Augen“,<br />
sagen die Architekten heute. Folgerichtig<br />
gab das kreisrunde ‚Loch‘<br />
nicht nur die Form des Neubaus vor,<br />
es diente auch dazu, dessen 17 500<br />
Quadratmeter Nutzfläche und das<br />
bis zu 25 Meter hohe Bühnenhaus<br />
des Auditoriums fast vollständig im<br />
Inneren der Bastion verschwinden<br />
zu lassen. Lediglich durch zwei transluzente<br />
Kunststoffzylinder gibt sich<br />
das Gebäude von außen überhaupt<br />
zu erkennen. Der äußere Zylinder, eigentlich<br />
nur Sichtblende und Schattenspender,<br />
besteht aus schlanken,<br />
glasfaserverstärkten Polyesterstäben<br />
auf einer Stahl-Unterkonstruktion.<br />
Der zweite, innere Zylinder<br />
wirkt wie eine räumliche Verdichtung<br />
des ersten; er besteht aus transluzentem<br />
Polyacrylat, das tagsüber<br />
zu einer gigantischen Projektionsfläche<br />
für die von außen aufgestrahlten<br />
Lichter und Schatten wird und<br />
nachts, künstlich hinterleuchtet, seinerseits<br />
nach draußen strahlt. Mit<br />
äußerster Kunstfertigkeit lenkten<br />
selgascano das Tageslicht auch in die<br />
tief in der alten Bastion gelegenen<br />
Räume, zumal in das große, 1000<br />
Zuschauer fassende Auditorium unterhalb<br />
des Plexiglaszylinders. Durch<br />
ein rundes Dachoberlicht fällt das Tageslicht<br />
auf eine wellenförmig geschwungene<br />
Lamellendecke, die das<br />
Licht gleichförmig im Raum verteilt.<br />
Die Projektion des runden ‚Sonnenflecks‘<br />
bleibt dabei von innen jederzeit<br />
sichtbar und lässt die Zuschauer<br />
den Weg der Sonne um das Gebäude<br />
nachvollziehen.<br />
6 D&A FRÜHJAHR 2007 AUSGABE 05