DAYLIGHT & ARCHITECTURE - Grado Zero Espace Srl
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INTERVIEW<br />
MIT<br />
LOUISE<br />
GRØNLUND<br />
Louise Grønlund lebt in Kopenhagen,<br />
wo sie seit Januar 2007 im<br />
Architekturbüro Lundgaard & Tranberg<br />
arbeitet. Daneben hat sie eine<br />
Teilzeitstelle als Lehrkraft an der<br />
Königlichen Dänischen Kunstakademie<br />
in Kopenhagen.<br />
D&A Was haben Ihnen die Kultur,<br />
in der Sie aufgewachsen sind, und<br />
Ihre Ausbildung zur Architektin über<br />
Licht vermittelt?<br />
LG Das Licht in Dänemark und im<br />
gesamten Norden ist etwas ganz<br />
Besonderes. Es spiegelt sich in unserer<br />
Kultur auf verschiedenen Ebenen<br />
wider, auch in der Art und Weise,<br />
in der wir wohnen und bauen. Ich<br />
glaube, dass alle Architekten, sowohl<br />
Praktiker als auch Theoretiker,<br />
diesem ‚nordischen Licht’ mit seinem<br />
weichen, diffusen und etwas weniger<br />
intensiven Charakter sehr viel Aufmerksamkeit<br />
widmen. Das Besondere<br />
am Licht in Dänemark sind die<br />
mit den Jahreszeiten verknüpften,<br />
sehr unterschiedlichen Helligkeitszustände.<br />
Doch auch innerhalb der<br />
einzelnen Jahreszeiten gibt es kleine,<br />
aber wichtige Unterschiede. Für Architekten<br />
im Norden ist dies eine Gegebenheit,<br />
mit der viele sehr bewusst<br />
umgehen, und dieses Bewusstsein<br />
vermitteln die Lehrer an den Architekturschulen<br />
in Dänemark auch<br />
an ihre Studenten weiter. Über die<br />
Lichtverhältnisse kann man nachlesen<br />
oder sich etwas erzählen lassen,<br />
aber erst durch eigene Erfahrungen<br />
wird man sich der Wirkung bewusst,<br />
die es im Raum entfaltet.<br />
D&A Welche wichtigen Eigenschaften<br />
des Lichts haben Sie bei<br />
Ihrer Arbeit für sich entdeckt?<br />
LG Ich habe während der letzten Semester<br />
an der Architekturschule und<br />
besonders in meinem Abschlussprojekt<br />
‚Museum für Fotografie’ die Wirkung<br />
des Lichts im Raum aus einem<br />
phänomenologischen Blickwinkel<br />
untersucht, das heißt, wie wir mit<br />
unserem Körper Raum und Licht<br />
sinnlich wahrnehmen. Insofern interessieren<br />
mich eigentlich gerade die<br />
Nuancen und feinen Unterschiede<br />
des nordischen Lichts und die Frage,<br />
wie man durch bewusstes und präzises<br />
Arbeiten mit diesen Unterschieden<br />
Gebäude entwerfen kann, die<br />
diese Wahrnehmungsweise deutlich<br />
machen. Ich will mit Architektur so<br />
arbeiten, dass sie das besondere Phänomen<br />
des Lichts verdeutlicht – Architektur<br />
als Lichtmaschine.<br />
D&A In welche Richtung wird sich die<br />
Verwendung von Licht in der Architektur<br />
im 21. Jahrhundert entwickeln?<br />
Wird sie eher technologiegetrieben<br />
oder von den Bedürfnissen des Menschen<br />
geprägt sein, oder von der Notwendigkeit,<br />
Energie zu sparen, oder<br />
von allen drei Faktoren?<br />
LG Ich glaube, dass das Licht in der<br />
Architektur des 21. Jahrhunderts<br />
viele unterschiedliche Rollen und<br />
‚Funktionen’ bekommen wird. Schon<br />
seit längerer Zeit ist es konstruktiv<br />
möglich, Häuser fast vollständig aus<br />
Glas zu bauen und damit sehr große<br />
Mengen an Tageslicht einzufangen,<br />
aber es wird auch wieder eine Gegenreaktion<br />
darauf erfolgen. Sie wird<br />
teilweise von der Frage ausgehen, ob<br />
primär die Menge an Tageslicht im<br />
Mittelpunkt des Interesses stehen<br />
sollte, aber auch von der Frage der<br />
Ressourceneffizienz. Daher meine<br />
ich, dass wir eine Architektur erleben<br />
werden, die viel bewusster und<br />
präziser mit dem Tageslicht arbeitet<br />
als bisher. Teils wird sie auf den Bedürfnissen<br />
des Menschen basieren,<br />
teils auf rein architektonischen Gesichtspunkten.<br />
D&A Stellen Sie mit Ihrem Projekt<br />
‚Museum für Fotografie’ die traditionelle<br />
Auffassung von Ausstellungsräumen<br />
in Frage, die vor allem in<br />
Museen meist als ‚neutrale’ Kisten<br />
mit einer tageszeitunabhängigen,<br />
unveränderlichen Beleuchtung konzipiert<br />
sind?<br />
LG Im Museum für Fotografie habe<br />
ich versucht, optimale Voraussetzungen<br />
für das Sehen des Betrachters<br />
zu schaffen, das heißt, dass er<br />
einerseits die ausgestellten Fotografien<br />
sieht und andererseits auf<br />
sein eigenes Sehen aufmerksam gemacht<br />
wird. Dass er den Raum sieht,<br />
in dem er sich befindet, das Licht im<br />
Raum spürt und die Ausdehnung des<br />
Raums wahrnimmt. Gerade mit diesen<br />
unterschiedlichen Helligkeitszuständen<br />
oder ‚Lichtwelten’ in den<br />
einzelnen Ausstellungsräumen, und<br />
damit auch mit den Unterschieden<br />
von einem Raum zum nächsten, habe<br />
ich sehr bewusst gearbeitet.<br />
D&A Was kann man in diesem<br />
Sinne von historischen Museen wie<br />
der Glyptothek in Kopenhagen mit<br />
ihren großen, von oben beleuchteten<br />
Räumen lernen, deren Atmosphäre<br />
sich abhängig von den Tageslichtverhältnissen<br />
im Freien teils dramatisch<br />
verändert?<br />
LG Gerade der Raum in der Glyptothek<br />
ist ja interessant, da er das Licht<br />
zeigt und damit uns, den Betrachtern,<br />
den Einfluss des Lichts auf die Art<br />
und Weise, wir wir den Raum erleben<br />
und sehen, vor Augen führt. Diese<br />
Erfahrung führt vielleicht dazu, dass<br />
sich der Betrachter mit der Zeit des<br />
Lichts und dessen Wirkung im Raum<br />
deutlicher bewusst wird. Aber der<br />
Raum in der Glyptothek bewirkt noch<br />
etwas anderes, weil er nämlich den<br />
Kontext und die ‚reale Welt’ draußen<br />
nicht ausschließt, sondern mit in den<br />
Raum einbezieht.<br />
110 D&A FRÜHJAHR 2007 AUSGABE 05