S .84: Bei der Technik des ‚Matte Painting‘ hängt die Überzeugungskraft der Lichteffekte allein vom Auge und den Fähigkeiten des Künstlers ab. Neue Methoden beziehen 3D-Modelle mit ein, aber die Künstler verlassen sich weitgehend noch immer auf ihre Maltechniken statt auf Renderings aus dem Rechner. Gegenüber: Die ‚Radiosity‘-Technik war die erste globale Beleuch tungslösung und bietet die akkura teste Abbildung des Licht transports durch den architektonischen Raum. zwischen Tageslicht und künstlichen Lichtquellen vermissen und wirkten daher stark vereinfacht und synthetisch. Erstes Ziel aller Experten für Spezialeffekte aber ist es, eine absolut fotorealistische Illusion zu erzeugen; noch bis Ende der Neunziger Jahre offenbarte die angewandte Technik allerdings mehr oder minder große Mängel, welche die illusionistische Wirkung beeinträchtigten. Spezialeffekte sind nur dann erfolgreich umgesetzt, wenn sie als solche nicht erkennbar sind und der Zuschauer seine emotionale Eingebundenheit in das Filmgeschehen nicht verliert. Viele Regisseure nutzen Spezialeffekte aber auch in spektakulären und entscheidenden Filmszenen, wo deren Unsichtbarkeit weniger wichtig ist. Die fortschrittliche Computergrafik schafft Grundlagen für neueste Techniken, die zwar mit der aktuellen Computertechnik noch nicht angewandt werden können, sich aber zukünftig durchsetzen werden, sobald sich die Rechnerleistung gemäß dem Mooreschem Gesetz erhöht. Die Berechnung des physikalischen Lichttransports wurde in den Anfängen der Bildbearbeitung zwar in Betracht gezogen, dann allerdings wegen ihrer Komplexität und der daraus resultierenden Schwierigkeiten rasch wieder verworfen. Mit der Verbreitung der Direktbeleuchtung aber entwickelte sich eine spezielle Simulationsmethode, um die Mängel der direkten Beleuchtungstechnik auszugleichen: die sogenannte Radiosität (englisch radiosity). Hierbei dienen die thermischen Energiegesetze als Basis für den Lichttransport. Ein Grundprinzip der Wärmeübertragung lautet, dass Oberflächen Wärme abgeben, übertragen oder reflektieren können; diese Eigenschaften werden bei der Radiositätstechnik zur Erzielung effektiver Lichtsimulation eingesetzt. Vereinfacht gesagt heißt dies, dass die Oberflächen in einem Radiositätsmodell alle Lichtstrahlen im Raum aufnehmen und entsprechend reagieren. Die Oberflächen in einem Radiositätsmodell werden auf ein Rastermedium übertragen, in dem jede einzelne Masche als Kameralinse fungiert. Die Verarbeitung eines solchen Modells kann allerdings sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und erfordert einen großen RAM-Speicher für die Kalkulationen. Die Radiosität gehört nach wie vor zu den präzisesten Lichtsimulationen, die der Wirklichkeit sehr nahe kommen. Leider ist diese Technik für wirksame Filmeffekte grundsätzlich zu langsam; in dem Film Casino, der am Las Vegas Strip früherer Zeiten spielt, wurde sie dennoch wirkungsvoll eingesetzt. Auch wenn sich die direkte Illumination für visuelle Effekte in Feature-Filmen immer mehr durchsetzte, blieben künstlerisches Geschick und Sensibilität der Spezialisten gefragt, um die inhärenten Mängel dieser Technik ‚auszubügeln’. Was normalerweise der Computer erledigt, musste hier künstlerisch durch Zeichnungen sanfter Schattierung und Lichtwirkung in die Szenen eingearbeitet werden. Die Radiosität erwies sich als vielversprechende Möglichkeit akkurater Lichtsimulation, war aber nach wie vor in der Filmproduktion unüblich. Einige Feature-Projekte wie Final Fantasy nutzten das Radiositäts-Rendering schlichtweg als Schablone, um dessen Wirkung dann durch direkte Illumination nachzuzeichnen. Aber erst die Neuentdeckung einer bereits früher entwickelten Technik – das Raytracing – sorgte für entscheidende Impulse auf diesem Gebiet. Das Raytracing gehört zu den ältesten Mechanismen in der Computergrafik und wurde lange Zeit angewandt, um in Ergänzung zur direkten Illumination überzeugende Reflexionen und Schattenbilder zu schaffen. Diese Methode arbeitet mit ausgesandten Vektorstrahlen und ermöglicht im Vergleich zur direkten Illumination eine komplexere Lichtwanderung, bot aber ursprünglich nicht die Möglichkeit, das Licht als eine Einheit physikalischer Teilchen zu berechnen, da sich das Licht sowohl als mikroskopische Welle als auch in realen Partikeln offenbart. Diese Erkenntnis machte sich das sogenannte Monte Carlo Raytracing zunutze, gestützt auf den von Marco Fajardo in den späten Neunzigern entwickelten Rendering-Code namens Arnold. Die ersten allein durch diesen Renderer erzeugten Bilder veränderten und revolutionierten die CG-Beleuchtung so nachhaltig, dass dieses Verfahren auch noch heute in der modernen 3D-Computergrafik angewandt wird. Das Monte Carlo Raytracing verdankt seinen Namen der Tatsache, dass die Quantenphysik des Lichts niemals wirklich vollständig per Computer dargestellt werden kann, da das Niveau der Computerisierung auch bei einfachsten Szenen unvorstellbar hoch ist. Die Monte Carlo-Technik beruht auf der Kalkulation eines verschwindend geringen Teils dieser Komplexität, zunächst durch Nutzung einer Monte Carlo-Statistik 2 , um die Wertigkeit zu reduzieren, anschließend durch einen Kammfilter 3 , um eine größtmögliche Vereinfachung dieser komplizierten Wechselwirkungen zu erreichen. Da das Licht ein natürliches Phänomen ist, nimmt der menschliche Verstand 86 D&A FRÜHJAHR 2007 AUSGABE 05
RENDERING: CHEN QINGFENG 87