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Kritische Analyse des Hamburger Masterplans Klimaschutz (lang PDF)

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<strong>Analyse</strong> <strong>des</strong> <strong>Hamburger</strong> <strong>Masterplans</strong> <strong>Klimaschutz</strong><br />

Bild 20 lässt erkennen, wie das Ziel der Bun<strong>des</strong>regierung gemeint ist, bis 2050 einen nahezu<br />

klimaneutralen Gebäudebestand zu schaffen. Ein Teil <strong>des</strong> Gebäudebestands im Jahr 2050 werden<br />

Gebäude sein, die nach 2020 gemäß der EU-Gebäude-Richtlinie als "nearly zero-energy buildings“<br />

zu bauen sind. Unter diesem Standard "Niedrigstenergiegebäude" versteht das IWU ein Gebäude<br />

mit einem Wärmeschutz auf Passivhaus-Niveau und einem möglichst hohen regenerativen Versorgungsanteil.<br />

Der Primärenergiebedarf derartiger "Niedrigstenergiehäusern" sollte nur noch etwa<br />

40% <strong>des</strong> Neubau-Grenzwerts der EnEV 2009 betragen (entspricht dem "Effizienzhaus 40"-Standard<br />

der KfW). Auch unter Voraussetzung dieses Standards ab 2020 und einer Neubaurate von 1,0<br />

Prozent pro Jahr ist die in Bild 20 für 2050 geplante Einsparung von Endenergie im Wohngebäudebestand<br />

noch sehr optimistisch.<br />

Die „ambitionierte, aber nicht unrealistische“ Phantasie <strong>des</strong> <strong>Masterplans</strong> zum Endenergiebedarf der<br />

<strong>Hamburger</strong> Gebäude im Jahr 2050 ist ziemlich „unrealistisch“:<br />

1. Es ist hinreichend bekannt, dass nach den meisten Sanierungen die tatsächlichen Energieeinsparungen<br />

deutlich geringer sind als die Werte, die sich rechnerisch aus den in Verbindung mit der<br />

Energieeinsparverordnung (EnEV) etablierten Algorithmen ergeben. (Vgl. [FHH 09d], Prof. D.<br />

Wolff, S. 14, 15)<br />

2. Aus wissenschaftliche Untersuchungen zu den technischen und kulturellen Grenzen der<br />

„Dämmbarkeit“ ist bekannt, dass ein Sockel <strong>des</strong> Heizwärmebedarfs von rund 42 % <strong>des</strong> heutigen<br />

Bedarfs auch dann bestehen bleiben würde, wenn der gesamte dämmbare Gebäudebestand auf<br />

das Passivhausniveau saniert werden würde ([Jochum 12]).<br />

Selbst bei einer vollständigen Sanierung aller Gebäude bis 2050 − ohne Vollzugsdefizit 12 − ist es<br />

daher faktisch nicht möglich, den Heizenergiebedarf der <strong>Hamburger</strong> Gebäude auf das vom Masterplan<br />

vorgesehene Niveau zu senken. Mit einer Politik, die nur auf „Bündnisse“ mit der Wohnungswirtschaft<br />

setzt (Kasten Selbstverpflichtungen im „Bündnis für das Wohnen in Hamburg“ auf S.<br />

38) und auf eine Anpassung <strong>des</strong> Ordnungsrechts an steigende Energiepreise verzichtet, lässt sich<br />

noch erheblich weniger erreichen.<br />

Eine Strategie „sehr gut Sanieren, Heizen mit Strom“ ([Groscurth 12]) ist daher praxisfremd und<br />

zudem nicht wirtschaftlich.<br />

Noch unrealistischer als Bild 20 ist das Umweltbun<strong>des</strong>amt. In Abbildung 3 der Studie [UBA 13b]<br />

wird angenommen, dass sich der Endenergieverbrauch für die Anwendung Wärme zwischen 2010<br />

und 2050 um einen Faktor 5 senken lässt, ebenso der Endenergieverbrauch für den Sektor Haushalte.<br />

Die hier vorgebrachten Einwände gegen den visionären Optimismus <strong>des</strong> <strong>Masterplans</strong> hinsichtlich<br />

Gebäu<strong>des</strong>anierung dürfen nicht missverstanden werden. Für eine bezahlbare und stetige Wärmewende<br />

ist die Ausschöpfung <strong>des</strong> wirtschaftlichen Einsparpotenzials im Gebäu<strong>des</strong>ektor sehr wichtig<br />

([Rab 11b], Kap. 1.1). Eine Rücknahme der energetischen Sanierungsziele, wie sie auf S. 4 in<br />

[Maaß 13] zur Diskussion gestellt wird, würde höhere Gesamtkosten oder geringeren <strong>Klimaschutz</strong><br />

mit sich bringen.<br />

Soweit zur Realisierbarkeit der Vision 2050 im Handlungsfeld Gebäude. Nun zu möglichen Weichenstellungen:<br />

Wenn die in der Vision vorgesehene anspruchsvolle energetische Sanierung aller <strong>Hamburger</strong><br />

Gebäude bis 2050 ernst gemeint wäre, müssten Konsequenzen gezogen werden für die notwendigen<br />

12 Gesetzliche Vorschriften zur Energieeinsparung werden nicht beachtet. Besonders bei der energetischen Sanierung ist<br />

das in erheblichem Maß der Fall, da keine staatliche Kontrolle vorgesehen ist.<br />

37

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