Dokument 1.pdf - Leuphana Universität Lüneburg
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4 Operationalisierung des Individualisierungsnutzens 124<br />
Weiter ist jedoch zu klären, ob der Nutzen des Bewertungsobjektes, also der Nutzen der<br />
Individualisierbarkeit von Bausteinreisen in Form einer Zahlungsbereitschaft für eine<br />
Verbesserung des Nutzenniveaus, der Willingness to Pay (WTP), oder in Form einer<br />
Kompensationsforderung für eine Verminderung des Nutzenniveaus, der Willingness to<br />
Accept (WTA), erhoben wird. 472 In der Praxis nennen Testpersonen bei der Frage nach<br />
der geforderten Entschädigung für eine Nutzenminderung, insbesondere bei der Bewertung<br />
von Gütern mit geringen Substitutionselastizitäten, gelegentlich utopische Werte.<br />
Daher gilt die WTP als das praktikablere und stabilere Maß. Dennoch lassen sich die<br />
beiden Messgrößen WTP und WTA nicht einfach durch eine veränderte Frageformulierung<br />
gegeneinander austauschen, ohne größere Antwortverzerrungen zu riskieren, wenn<br />
die Erhebung einer Kompensationsforderung sachlogisch geboten ist. 473 Wenn ein<br />
Nachfrager nach Reiseprodukten die Individualisierungsmöglichkeit einer von ihm<br />
gebuchten Bausteinreise als Zusatznutzen wahrnimmt, dann richtet sich die Frage nach<br />
seiner Zahlungsbereitschaft für eine hypothetische, standardisierte Pauschalreise<br />
zwangsläufig auf seine Kompensationsforderung (WTA) für das Fehlen dieser nutzenstiftenden<br />
Eigenschaft. Sofern die bei der real gebuchten Bausteinreise erforderliche<br />
Selbstkonfiguration jedoch als nutzenmindernd wahrgenommen wird, etwa weil der<br />
Befragte den damit verbundenen Zeitaufwand oder die kognitive Beanspruchung<br />
besonders negativ beurteilt oder Unsicherheit im Zusammenhang mit der Buchung<br />
verbindet, dann richtet sich die Frage nach dem Preis für eine standardisierte Pauschalreise<br />
darauf, dass mit der Übernahme dieses Aufwandes durch den Reiseveranstalter<br />
eine höhere Zahlungsbereitschaft entstehen sollte (WTP).<br />
Da das hier zugrunde gelegte Untersuchungsmodell explizit auch negativ empfundenes<br />
Prozesserleben und die negative Nutzenwirkung der Unsicherheit enthält, ist folglich<br />
zunächst zu ermitteln, ob die Individualisierbarkeit von Urlaubsreisen grundsätzlich als<br />
nutzenstiftend oder im Gegenteil als nutzenmindernd wahrgenommen wird. Abhängig<br />
von der Beantwortung dieser Frage ist die Differenz der Zahlungsbereitschaft für eine<br />
vergleichbare Pauschalreise zum Preis der real gebuchten Bausteinreise entweder als<br />
Kompensationsforderung für einen Mindernutzen oder als Zahlungsbereitschaft für einen<br />
Mehrnutzen zu interpretieren. Um von den Minder- bzw. Mehrnutzenwerten für die<br />
472 Zur wohlfahrtsökonomischen Theorie der unterschiedlichen Messgrößen vgl. Mitchell (1990),<br />
S. 22 ff.; Liebe (2007), S. 33 ff.<br />
473 Vgl. Mitchell (1990), S. 37.