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Das Argument

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450 •Besprechungen<br />

materialreichen Überblick besonders für die literaturkritischen Zeitschriften.<br />

Die Entwicklung der Verlage zu „kapitalistischen Unternehmungen"<br />

(43) löste im 18. Jhdt. den „Kulturprotektionismus" ab.<br />

Darin sieht N. — zusammen mit der erhöhten Buchproduktion, die<br />

nach einer internationalen Organisation verlangte — den Grund für<br />

die Entstehung des literaturkritischen Journalismus. Seine Marktabhängigkeit<br />

zeigte sich ebenso in seiner antielitären Bildungskonzeption,<br />

der Tendenz zur „Vielfalt der Gegenstände" (ebd.) wie in<br />

seiner Neigung zur Verlagsreklame. W. Schröder, der die Geschichte<br />

des „Journal encyclopédique" darstellt, thematisiert u. a. die problematische<br />

Beziehung Diderots und D'Alemberts zu der wegen ihrer<br />

geringen Wissenschaftlichkeit zwiespältigen Bildungskonzeption, wie<br />

sie der marktabhängige Journalismus förderte. <strong>Das</strong> Interesse an der<br />

gesellschaftlichen Wirkung der Aufklärer, das die Zeitschriftenforschung<br />

motiviert, ist auch das <strong>Argument</strong> W. Techtmeiers, weniger<br />

bekannte Theoretiker in die Forschung einzubeziehen. In seinem<br />

Aufsatz über Brissot de Warville, der vor der Revolution als Publizist<br />

sozialistische Vorstellungen entwickelte, fügt er als 2. <strong>Argument</strong><br />

hinzu, daß durch die Praxisnähe und durch das Leben in den gesellschaftlichen<br />

Mittelschichten diese Autoren dazu neigten, die großen<br />

Theorien in einer Weise weiterzuentwickeln, die „nicht im Interesse<br />

ihrer Vorbilder" (S. 240) lag. Eine egalitäre Bildungskonzeption<br />

trennte Brissot von Voltaire, der aus politischen Gründen dazu<br />

neigte, die Erkenntnisse der Aufklärung nur einer Elite zu vermitteln.<br />

M. Naumanns Aufsatz kann an Hand der Publikationsgesehichte<br />

des „Christianisme dévoilé", die er thematisiert, einen Überblick über<br />

die politischen Gruppierungen der Aufklärungsbewegung geben,<br />

weil das Publizieren von bestimmten Thesen zugleich eine praktische<br />

Frage des Bündnisses mit bestimmten Gruppen war. Durch die fehlende<br />

Reflexion von Erkenntnis im Hinblick auf ihre gesellschaftliche<br />

Wirkung, die gerade den Aufklärern eigen war, erklärt M.<br />

Starke die isolierte Position La Mettries in der Aufklärungsbewegung.<br />

In La Mettries außergeschichtlichem Naturbegriff, der inhaltlich<br />

aber die bürgerliche Beschränktheit der Tugendvorstellung auch<br />

eines Holbach nicht teilt, sieht Starke den Grund dafür, daß sich<br />

La Mettrie taktischen Überlegungen verschloß. Sein Wahrheitsbegriff<br />

bleibe so spekulativ. Im Aufsatz H. W. Nöcklers zu den Auffassungen<br />

der Ehe und der Gattenwahl im 18. Jhdt. in Frankreich und<br />

England zeigt sich die Fruchtbarkeit des Ansatzes, der der gesamten<br />

Aufklärungsforschung in ihrem Literaturbegriff zugrundeliegt,<br />

künstlerische Darstellungen, programmatische Publikationen und<br />

Theorien im Zusammenhang zu untersuchen. N. verfolgt, wie das<br />

Ideal der Heirat aus individueller Liebe und der Gattenliebe, das<br />

vom Bürgertum vertreten worden ist und auf der Gleichheit der<br />

Menschen beruht, in die Wirklichkeit sozialer Gegensätze eingefügt<br />

wird. Den Mangel an realistischer dichterischer Gestaltung des Themas,<br />

die N. nur in R. Challes „Illustres Françaises" und im 1. Teil<br />

der „Nouvelle Héloïse" Rousseaus findet, erklärt N. aus dem Bedürfnis<br />

des Bürgertums reale Schwierigkeiten in Utopien zu versöhnen.

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