Das Argument
Das Argument
Das Argument
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Ziele, Formen und Aussichten der Studentenopposition 407<br />
als militärische Gegner, sondern auch durch die Reduktion des ökonomischen<br />
und politischen Spielraums des Systems. Für die Vorbereitung,<br />
für die Eventualität einer solchen Krise kann und wird vielleicht<br />
auch die Arbeiterklasse politisch radikalisiert werden. Aber<br />
wir dürfen uns nicht verhehlen, daß in dieser Situation die Frage<br />
noch völlig offen ist: politisch radikalisieren nach links oder nach<br />
rechts? Die akute Gefahr des Faschismus oder des Neofaschismus — -<br />
und der Faschismus ist immer seinem Wesen nach eine Bewegung<br />
der Rechten — diese akute Gefahr ist noch in keiner Weise überwunden.<br />
Ich habe von der möglichen Krise, von der Eventualität einer<br />
Krise des Systems gesprochen. Die Kräfte, die zu einer solchen Krise<br />
beitragen, müssen natürlich gesondert diskutiert werden. Diese<br />
Krise, glaube ich, müssen wir sehen als die Konfluenz sehr disparater<br />
subjektiver und objektiver Tendenzen ökonomischer Natur, politischer<br />
Natur und moralischer Natur, im Osten sowohl wie im<br />
Westen. Diese Kräfte sind noch nicht solidarisch organisiert. Sie sind<br />
ohne Massenbasis in den entwickelten Ländern des Spätkapitalismus.<br />
Und unter diesen Umständen scheint es mir die Aufgabe der Opposition<br />
zu sein, zunächst einmal an der Befreiung des Bewußtseins<br />
außerhalb unseres eigenen Kreises zu arbeiten. Denn in der Tat steht<br />
das Leben aller auf dem Spiel und heute sind in der Tat alle, was<br />
Vehlen "underlying population" nannte, nämlich Beherrschte. Erweckung<br />
des Bewußtseins der grauenhaften Politik eines Systems,<br />
dessen Macht und dessen Druck mit der Drohung totaler Vernichtung<br />
wachsen, das die ihm zur Verfügung stehenden Produktivkräfte<br />
zur Reproduktion der Ausbeutung und der Unterdrückung verwendet<br />
und das zum Schutze seines Überflusses die sogenannte freie<br />
Welt mit Militär- und Polizeidiktaturen ausstattet. Der Totalitarismus<br />
auf der anderen Seite kann diese Politik in keiner Weise rechtfertigen.<br />
Man kann sehr viel — und man muß sehr viel gegen ihn<br />
sagen. Er ist aber nicht expansiv, er ist nicht aggressiv, und er ist<br />
immer noch von der Kargheit und von der Armut diktiert; was<br />
nichts an der Tatsache ändert, daß auch er zu bekämpfen ist, aber<br />
von links zu bekämpfen ist. Die Befreiung des Bewußtseins, von der<br />
ich gesprochen habe, meint nun mehr als Diskussion. Sie meint in<br />
der Tat — und muß in der erreichten Situation meinen — Demonstration,<br />
im wörtlichen Sinne. Zeigen, daß hier der ganze Mensch<br />
mitgeht und seinen Willen zum Leben anmeldet, seinen Willen zum<br />
Leben, das heißt, seinen Willen zum Leben in Frieden. Und wenn<br />
das alles doch nichts hilft, wenn es für uns schädlich ist, Illusionen<br />
zu haben, so ist es ebenso schädlich — und vielleicht schädlicher —<br />
Defätismus und Quietismus zu predigen, die nur dem System in die<br />
Hände spielen können. Tatsache ist, daß wir uns einem System<br />
gegenüber befinden, das, seit dem Beginn der faschistischen Periode<br />
und heute noch, durch seine Tat die Idee des geschichtlichen Fortschritts<br />
selbst desavouiert hat, ein System, dessen innere Widersprüche<br />
sich immer von Neuem in unmenschlichen und unnötigen<br />
Kriegen manifestieren und dessen wachsende Produktivität wach-