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Das Argument

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392 Günther Anders<br />

Steigerung in nordvietnamesischen Dörfern, Städten und Wäldern<br />

erzeugt, mit jenen Kleinbränden in einem Atem nennen würden, die<br />

die farbige Bevölkerung im Sommer 1967 erratisch und dilettantisch,<br />

einmal hier und einmal dort, in ihren heimischen Ghettos gelegt hat.<br />

Aber von slum clearing in Vietnam kann schwerlich die Rede sein,<br />

weil slums aus verrottenden, von Großstadtproletariat bis zum<br />

Tage des Zusammenbruchs bewohnten, Häusern bestehen, und in Vietnam<br />

weder von Großstädten im europäischen, amerikanischen oder<br />

asiatischen Sinne die Rede sein kann, noch von Proletariat im europäisch-amerikanischen<br />

Sinne des 19. oder 20. Jahrhunderts. Dagegen<br />

wird Bob Hopes vulgäres Witzwort, das auf Vietnam nicht zutrifft,<br />

wie absurd das auch klingen mag, in Amerika zum Ereignis: auf die<br />

Brände in Newark, Detroit etc. trifft es tatsächlich zu. Denn jenen<br />

Farbigen, die im Verlauf ihrer Unruhen ihre überfüllten, baufälligen,<br />

müllverpesteten und von Ratten verseuchten Ghettos anzünden<br />

und niederbrennen, denen gelingt damit, da sie ja die zuständigen<br />

Autoritäten dazu zwingen, Besseres aufzubauen, wirklich ,the<br />

best slum clearing they ever had'. Truth begins at home. An Stelle<br />

der alten slums funkelnagelneue slums zu errichten, das würden<br />

wohl selbst die fanatischsten ,nigger haters' nicht befürworten, und<br />

das würde sich wohl selbst heute, im Zeitalter der ,planned obsolescence',<br />

für niemanden rentieren. Unrecht haben die coloured people,<br />

die, angeblich von der Sommerhitze toll, ihre Viertel niederbrennen,<br />

also gewiß nicht. Wenn man nur wüßte, wo sie im Winter ihre Bleibe<br />

finden sollen!<br />

<strong>Das</strong> Vorzugsrecht<br />

Der Ausdruck ,Anti-Personell-Bombe' wird zumeist mißverstanden.<br />

Im Kriege, so wird man, wenn man gegen diese neuen Waffen<br />

spricht, belehrt, würden schließlich immer Personen bekämpft und<br />

immer Personen vernichtet. Was seien Maschinengewehr-Geschosse<br />

denn anderes als Anti-Personell-Waffen?<br />

Antwort: Unter ,Personell' verstehen diejenigen, die diese so benannten<br />

Waffen einsetzen, grundsätzlich nur Zivilisten im Unterschiede<br />

zu Soldaten; und grundsätzlich nur Eigentümer im Unterschiede<br />

zu Eigentum, dessen Heiligkeit durch sie nicht angerührt<br />

wird.<br />

Was Soldaten betrifft — so bleibt für diese, da sie sich im Gelände<br />

sofort verstreuen können, der Regen von Stahlsplittern, den die<br />

,Lazy Dogs' oder die ,Guavas' versprühen, beinahe ungefährlich. Und<br />

was Gebäude und andere massive Installationen betrifft — so können<br />

diese von den Splittern im besten Falle geritzt werden, sie bleiben<br />

also intakt, ein Umstand, der für den Angreifer natürlich sehr<br />

opportun ist, da er die Objekte nach deren Eroberung sofort selbst<br />

übernehmen und verwenden kann. Die einzigen Ziele, die für diese<br />

neuen Waffen übrigbleiben, sind also Personen, die an einen Platz<br />

fixiert bleiben, also Zivilisten in ihren Städten und Dörfern. Sofern<br />

diese Zielobjekte sich nicht ohnehin auf den Straßen und den Plätzen<br />

ihrer Wohnorte befinden, lockt man sie dadurch ins Freie, daß

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