Das Argument
Das Argument
Das Argument
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Ziele, Formen und Aussichten der Studentenopposition 401<br />
Zum Ersten, wogegen ist diese Opposition gerichtet? Die Frage ist<br />
äußerst ernst zu nehmen; denn es handelt sich um eine Opposition<br />
gegen eine demokratische, gut funktionierende Gesellschaft, die,<br />
wenigstens normalerweise, nicht mit Terror arbeitet. Und es ist —<br />
darüber sind wir uns in den Vereinigten Staaten völlig klar — eine<br />
Opposition gegen die Majorität der Bevölkerung, einschließlich der<br />
Arbeiterklasse. Es ist eine Opposition gegen den ganzen sogenannten<br />
way of life dieses Systems; eine Opposition gegen den Druck, gegen<br />
den allgegenwärtigen Druck des Systems, das durch eine repressive<br />
und destruktive Produktivität immer unmenschlicher alles zur Ware<br />
degradiert, deren Kauf und Verkauf den Lebensunterhalt und Lebensinhalt<br />
ausmacht; und eine Opposition gegen den Terror außerhalb<br />
der Metropole. Diese Opposition gegen das System als solches<br />
ist ausgelöst worden erst durch die Bürgerrechtsbewegung und dann<br />
durch den Krieg in Vietnam. Im Zuge der Bürgerrechtsbewegung<br />
sind die Studenten aus dem Norden in den Süden gegangen, um zu<br />
helfen die Neger für die Wahlen zu registrieren, und haben dann<br />
zum erstenmal gesehen, wie dieses freie demokratische System dort<br />
unten im Süden eigentlich aussieht, was die Sheriffs da eigentlich<br />
tun, wie Morde und Lynchungen an den Negern unbestraft bleiben,<br />
obgleich die Täter nur zu bekannt sind. <strong>Das</strong> hat als traumatische Erfahrung<br />
gewirkt und die politische Aktivierung der Studenten, der<br />
Intelligenz im allgemeinen in den Vereinigten Staaten veranlaßt.<br />
Zweitens ist diese Opposition gestärkt worden durch den Krieg in<br />
Vietnam. Für diese Studenten hat der Krieg in Vietnam zum erstenmal<br />
das Wesen der bestehenden Gesellschaft enthüllt: die ihr einwohnende<br />
Notwendigkeit der Expansion und Aggression und die Brutalität<br />
des Konkurrenzkampfes auf internationalem Boden.<br />
Ich habe hier leider keine Zeit, die Frage zu diskutieren, ob der<br />
Krieg in Vietnam ein imperialistischer Krieg ist — hier nur eine<br />
kurze Bemerkung, weil das Problem immer wieder aufkommt: Wenn<br />
man unter Imperialismus im alten Sinne versteht, daß die Vereinigten<br />
Staaten in Vietnam für Investitionen kämpfen, ist es kein imperialistischer<br />
Krieg; obgleich selbst dieser enge Begriff des Imperialismus<br />
heute vielleicht schon wieder akut ist. Sie können in der<br />
Nummer von ,Newsweek' vom 7. Juli diesen Jahres zum Beispiel<br />
lesen, daß es sich in Vietnam heute bereits um ein 20-Milliarden-Dollar-Business<br />
handelt. Inwieweit trotzdem ein neudefinierter Begriff<br />
des Imperialismus hier anwendbar ist, darüber brauchen wir nicht<br />
zu spekulieren, das haben maßgebende Sprecher der amerikanischen<br />
Regierung selbst gesagt. Es handelt sich in Vietnam darum, einen<br />
der strategisch und ökonomisch wichtigsten Bereiche der Welt nicht<br />
unter kommunistische Kontrolle fallen zu lassen. Es handelt sich um<br />
einen entscheidenden Kampf gegen alle Versuche nationaler Befreiung<br />
in allen Ecken der Welt, entscheidend in dem Sinne, daß ein Erfolg<br />
des vietnamesischen Befreiungskampfes das Signal abgeben<br />
könnte, für die Aktivierung solcher Befreiungskämpfe in anderen<br />
Teilen der Welt und viel näher der Metropole, wo wirklich gewaltige<br />
Investitionen vorliegen. Wenn in diesem Sinne Vietnam in keiner