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Das Argument

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480 •Besprechungen<br />

tariats gedacht, so soll — der Comteschen Theorie zufolge — in der<br />

letzten Phase des „état positif" die positivistische Priesterschaft relativ<br />

selbständig und autokratisch regieren. Tendenziell hat das Patriziat<br />

politisch abgedankt, es behält aber seine soziale Stellung bei.<br />

(216) Andererseits kann aber die positivistische Priesterschaft nicht<br />

als eine bloße Interessenvertretung des Patriziats angesehen werden<br />

(149), da dieses möglicherweise und zumindest der formalen<br />

Herrschaftshierarchie nach auch gegen seine eigenen Interessen die<br />

Weisungén des Hohepriesters befolgen müßte. Interessenkollisionen<br />

zwischen diesen beiden sozialen Gruppen können nur in besonderen<br />

Fällen auftreten, nicht aber im grundsätzlichen und im allgemeinen.<br />

„In der Gestalt des ,Grand-Prêtre' und seiner ,positiven' Bewegung<br />

hat Comte somit gleichsam eine Vorform jenes Sozialcharakters und<br />

jener politischen Gruppierungen gezeichnet, die in der Gestalt autoritärer<br />

oder gar faschistischer Politik im zwanzigsten Jahrhundert<br />

einerseits die sozialen Schichten im Interesse der eigenen Herrschaftsposition<br />

politisch manipulierten, andererseits die antagonistische<br />

Sozialstruktur der bürgerlichen Gesellschaft im Prinzip unangetastet<br />

ließen und gleichsam politische Nutznießer der mit ihr verbundenen<br />

Gegensätze sozioökonomischer Interessen wurden." (150)<br />

Es ist das Verdienst der vorliegenden Arbeit, diese Züge der Comteschen<br />

Gesellschaftstheorie und vor allem seiner politischen Soziologie<br />

einerseits in mühevoller Kleinarbeit nachvollzogen, andererseits sie<br />

in theoretisch anspruchsvoller Weise kritisch-analysierend durchdrungen<br />

zu haben. Damit konnten nicht nur Vorurteile über den<br />

„liberalen Theoretiker Comte", den Unterschied zwischen dem frühen<br />

und dem späten Comte etc. ausgeräumt, sondern auch — wie H.<br />

Maus im Vorwort bemerkt — „eine Lücke in der dogmengeschichtlichen<br />

Forschung geschlossen werden", einer Forschungsrichtung, die<br />

— wie hier an Condorcet und Comte exemplarisch dargestellt — in<br />

der Bewahrung frühbürgerlicher Traditionen und Impulse selbst<br />

progressive Funktionen ausüben und auch den aktuellen Forschungsablauf<br />

der politischen Soziologie auf deren ursprüngliche Fragen und<br />

Probleme aufmerksam machen könnte. H. D. Boris (Marburg)<br />

Vogel, Martin Rudolf, und Peter Oel: Gemeinde und Gemeinschaftshandeln.<br />

Zur Analyse der Begriffe Community Organisation<br />

und Community Development. Schriftenreihe des Vereins<br />

für Kommunalwissenschaften e. V. Berlin. Kohlhammer Verlag,<br />

Stuttgart 1966 (114 S., kart., 16,80 DM).<br />

Es dauert einige Zeit, bis man versteht, daß die Autoren die Begriffe<br />

Gemeinde und Gemeinschaftshandeln kritisch behandeln. Die<br />

Gründlichkeit, die auf das Studium dieser Begriffe verwendet wird<br />

— überdies bibliographisch vorzüglich aufbereitet —, korreliert leider<br />

mit einer gewissen Langweiligkeit des Textes. Im Gestrüpp der<br />

sorgfältig referierten Definitionen von Community Organisation und<br />

Community Development verliert sich öfter der rote Faden, der sich<br />

doch sehr leicht hätte herausarbeiten lassen können, da das Thema

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