02.03.2014 Aufrufe

Das Argument

Das Argument

Das Argument

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Zur Rolle der Studenten und Intellektuellen 409<br />

Organisationsspitzen noch daran festhalten, lediglich die „soziale<br />

Symmetrie" innerhalb der Phraseologie Schillers zu schützen.<br />

Herbert Marcuse geht bei seiner Analyse dieser Situation davon<br />

aus, daß in der gegenwärtigen Phase des Spätkapitalismus,' wie sie<br />

von den Dogmatikern der sozialistischen Länder als „staatsmonopolistischer<br />

Kapitalismus" definiert wird, die Klassengegensätze objektiv<br />

fortbestehen und sich der Tendenz nach dahin vereinfachen, daß<br />

die große Majorität der Bevölkerung um ihrer Lage willen objektiv<br />

an einer humanistisch-sozialistischen Transformation der gesellschaftlichen<br />

Verfassung interessiert sei, während eine schmale Minorität,<br />

das Management der großen Konzerne und des Staatsapparates, objektiv<br />

die Aufrechterhaltung ihrer Machtstellung und des Systems<br />

der irrationalen Manipulierung der Gesamtgesellschaft wünschen<br />

müsse, wie es sich gegenwärtig am reinsten in den USA und in der<br />

Bundesrepublik Deutschland darstellt. Aber er ist der Ansicht, daß<br />

es im allgemeinen nur der kritischen Intelligenz und insbesondere<br />

den noch nicht in die Gesellschaft integrierten Intellektuellen, also<br />

den Studenten und wenigen aus der Studentenbewegung hervorgegangenen<br />

quasi „Berufsrevolutionären" möglich sei, den Schein der<br />

allseitigen Befriedigung von Konsuminteressen zu durchbrechen, der<br />

diesen objektiven Interessengegensatz undurchschaubar macht. Darüber<br />

hinaus sei dieser Durchbruch nur wenigen Randgruppen der<br />

Gesellschaft möglich, die jeweils in besonders starkem Maße in ihrer<br />

unmittelbaren Lebenshaltung bedroht sind, wie z. B. in den USA der<br />

farbigen Bevölkerung, und vor allem den Massen der Bevölkerung<br />

in den sogenannten „Entwicklungsländern". Er räumt allerdings ein,<br />

daß sich dies Schema in einem großen Teil der europäischen Länder<br />

durch die Fortexistenz der Tradition der Arbeiterbewegung modifiziert.<br />

Er neigt ferner zu der Meinung, daß das Problem der Manipulation<br />

durch bürokratische Gruppen und durch das ökonomische Management<br />

in den kapitalistischen und in den sozialistischen hochindustriellen<br />

Ländern grundsätzlich identisch bleibe. Daraus kann logisch<br />

weiter gefolgert werden, daß diese Manipulation durch minoritäre<br />

Gruppen auch in den sozialistischen Ländern permanent die demokratische<br />

und rationale Mitwirkung der Bevölkerungsmehrheit an<br />

der Bestimmung der gesellschaftlichen Zwecke überspielen könne,<br />

wenn nur die äußeren materiellen Bedingungen einer lediglich an<br />

Konsumerwartung orientierten Wohlstandsgesellschaft erfüllt werden.<br />

Schon diese letztere Erwägung ist nicht überzeugend. Zwar hat,<br />

unzweifelhaft der hohe Technisierungsgrad der gegenwärtigen spätkapitalistischen<br />

Produktionsweise, wie er natürlich auch unter sozialistischen<br />

Produktionsbedingungen in Erscheinung tritt, einen ebenso<br />

hohen Differenzierungsgrad der beruflichen Ausbildungs- und Betätigungsweise<br />

zur Folge. Die sozialistischen Gesellschaften sind im<br />

wesentlichen in Gebieten entstanden, die zunächst die ersten Stadien<br />

der Industrialisierung nachholen mußten oder — wie die DDR und<br />

die Tschechoslowakei — durch ihre Abhängigkeit von der UdSSR<br />

und unmittelbare oder mittelbare Reparationsleistungspflicht nach

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!