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Das Argument

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382 Günther Anders<br />

Generosität, seine Einsicht, seine Nachsicht und seiri Entgegenkommen<br />

zu beweisen, und das sogar vor dem Forum der ganzen Welt.<br />

Aber Zweifel sind da nicht möglich, keine Frage: einem Staat, der<br />

an seine Weltmachtstellung so gewöhnt ist wie die USA, dem fällt<br />

es gar nicht ein, daß andere Staaten seinen Monopolanspruch auf<br />

Richter-, Lehrer-, Polizei- und Absolutionsfunktionen anzweifeln<br />

könnten. Die Tatsache, daß diejenigen, über die er da sein Urteil<br />

ausspricht, oder dejien er Bedingungen stellt, die Opfer seiner eigenen<br />

Skrupellosigkeit sind, die spielt dabei für ihn nicht die geringste<br />

Rolle.<br />

Nein, daß ,Aussöhnung und Großmut nicht über Nacht den Sieg<br />

davontragen können', das zu behaupten, haben höchstens die angegriffenen<br />

Opfer ein Recht. Und selbst die wohl kaum. Möglich allerdings,<br />

daß es für diese eines Tages keinen anderen Ausweg geben<br />

könnte, als einen Vergleich mit den Gewalttätern auszuhandeln. Aber<br />

unterstellt, das könnte nicht vermieden werden — und wer dürfte,<br />

fern vom Schuß, einen Kompromiß dann verurteilen? — dann würde<br />

das von keiner Seite aus ,Toleranz' beweisen. Toleranz der Amerikaner<br />

ganz gewiß nicht. Denn selbst wenn diese eines Tages sich dazu<br />

bereit erklären sollten, ihre Gewalttaten dort, wo sie solche in den<br />

letzten Zeiten begangen hatten, zu unterbrechen, dann täten sie das<br />

ja ausschließlich aus taktischen Gründen. Also z. B. deshalb, weil<br />

Wahlen bevorstünden. Oder weil es ihnen vielleicht einen Augenblick<br />

lang opportuner erschiene, ihre Gewalttätigkeit anderswo, vielleicht<br />

in Bolivien oder in Venezuela oder im Kongo oder in Laos<br />

(Nichtzutreffendes durchzustreichen) auszuprobieren.<br />

Wenn ein Angreifer den von ihm Angegriffenen, ein Mörder seinen<br />

Opfern, mitteilt, er sei zu einer Regelung bereit, freilich müßten<br />

die Opfer erst einmal deutlich, und zwar nicht nur mit Worten, sondern<br />

mit Taten, ihren Friedenswillen beweisen, dann bezeugt er<br />

durch diese ,Friedensbedingung' eine Gemeinheit, die noch ungleich<br />

gemeiner, weil ungleich scheinheiliger, ist als sein blutiger Angriff<br />

als solcher.<br />

Exploitierte Spieler<br />

In den Analysen von Rundfunk und Fernsehen, die ich vor bald<br />

fünfzehn Jahren vorgelegt habe, hatte ich die Tatsache unterstrichen,<br />

daß diese Massenmedien darauf abzielen, das Publikum der<br />

Fähigkeit zu berauben, zwischen Sein und Schein, zwischen Realität<br />

und Fiktion zu unterscheiden. Die täglich servierten plays seien so<br />

lebenswahr und realistisch, daß die an diese fiktiven Mordszenen gewohnten<br />

Zuschauer durch die Abbildung realer Mordszenen nicht<br />

mehr erschreckt oder zur Empörung gebracht werden könnten. Die<br />

Schüsse, die von den wirklich Krieg führenden Gangstern in den<br />

Newsreels abgefeuert würden, klängen nicht lauter und nicht sensationeller<br />

als die Schüsse, die von den Gangster spielenden Schauspielern<br />

abgefeuert würden. Und auf den Gedanken, gegen die wirklichen<br />

Schüsse zu protestieren, kämen die Zuschauer genau so wenig<br />

, wie auf den, gegen die Schüsse in den Gangsterfilmen zu protestie-

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