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Das Argument

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510 •Besprechungen<br />

über die Deskription kaum hinauskommt und fast vollständig darauf<br />

verzichtet, den zeitgenössischen deutschen Parlamentarismus im<br />

historischen Kontext und im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang<br />

zu untersuchen, fehlen ihm überzeugende Maßstäbe. Was<br />

übrigbleibt, ist schließlich der Rückgriff auf Bagehot (S. 15 f.). Den<br />

deutschen Bundestag im Jahre 1966 mit den Maßstäben des Honoratiorenparlamentarismus<br />

im 19. Jahrhundert messen zu wollen,<br />

verrät aber mehr Naivität, als gut ist. Schäfer konstatiert strukturelle<br />

Fehlentwicklungen und Mängel, wie etwa das Schwinden<br />

echter Debatten, die übertriebene Spezialisierung der Abgeordneten<br />

oder das vielfache Versagen der parlamentarischen Kontrolle und<br />

beschreibt sie anschaulich. Jedoch fehlt ihm der analytische Apparat,<br />

die Ursachen derartiger Phänomene aufzudecken. Beim Verzicht auf<br />

eine gesellschaftliche und ökonomische Analyse der Funktionsbedingungen<br />

des westdeutschen Nachkriegsparlamentarismus werden Reformüberlegungen<br />

aber unversehens zu Sandkastenspielen. Sicherlich<br />

ist es beispielsweise richtig, daß technisch gesehen der Status<br />

der Minderheit im Bundestag entscheidend verbesserungsbedürftig<br />

ist. <strong>Das</strong> setzt aber voraus, daß es überhaupt noch eine Oppositionspartei<br />

gibt, die ihre „klassische" Rolle zu spielen bereit ist und den<br />

herrschenden Bedingungen nach sein kann. Gerade hierbei gibt es<br />

aber heute begründete Zweifel. Die Krise des Parlamentarismus<br />

in der Bundesrepublik ist wahrscheinlich zu tiefgreifend, als daß sie<br />

durch Geschäftsordnungmanipulationen und moralische Appelle überwunden<br />

werden könnte.<br />

Insgesamt erweist sich die vorliegende Abhandlung sicherlich in<br />

vieler Hinsicht als ein brauchbares Lehrbuch, vor allem audi als ein<br />

nützliches Nachschlagewerk. Daß es manche weitergehenden Erwartungen<br />

nicht erfüllt, mag daran liegen, daß der Verfasser allzusehr<br />

„juristisch" und „pragmatisch" geblieben ist.<br />

Joachim Hirsch (Frankfurt/Main)<br />

Heinrich Lübke — Präsident der Deutschen? Textwiedergabe<br />

der Lübke-Dokumente, Band I, hrsg. v. d. Antifaschistischen<br />

Arbeitsgemeinschaft Karlsruhe (Postfach 1070) o. O.<br />

1967 (133 S., 9,40 DM).<br />

Die vorliegende, maschinenschriftlich vervielfältigte Publikation<br />

enthält Aktenstücke zu fünf Problemkomplexen, die in der Diskussion<br />

um Stellung und Tätigkeit L.s während des „Dritten Reiches"<br />

von Bedeutung waren oder noch sind. Die erste Dokumentengruppe<br />

betrifft das 1934/35 gegen die Brüder Heinrich und Fritz L. beim<br />

Landgericht Berlin durchgeführte Strafverfahren wegen des Verdachts<br />

der Veruntreuung von Geldern bei der Siedlungsgesellschaft<br />

Bauernland. <strong>Das</strong> Verfahren wurde teils wegen mangelnden Beweises,<br />

teils wegen einschlägiger Straffreiheitsbestimmungen eingestellt, für<br />

die erlittene Untersuchungshaft wurde keine Entschädigung gewährt.<br />

Ein politischer Hintergrund des Verfahrens ist nicht auszuschließen,<br />

er wird jedoch in den vorliegenden Aktenstücken nicht

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