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Das Argument

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III. Psychologie 483.<br />

heit mit sich bringt und damit den Zugang zur Theorie eher versperrt<br />

als öffnet. Im Fischer-Verlag ist jetzt eine Einführung in die<br />

Psychoanalyse von Charles Brenner erschienen, die diese Schwierigkeit<br />

gemeistert haben dürfte. „Dieses Buch will eine übersichtliche,<br />

gedrängte Darstellung der Grundzüge der psychoanalytischen Theorie<br />

geben. Es setzt beim Leser keine psychoanalytischen Kenntnisse<br />

voraus und soll ihm als Einführung in die psychoanalytische Literatur<br />

dienen." (10) <strong>Das</strong> Buch vermittelt den Zugang zu grundlegenden<br />

Hypothesen der Psychoanalyse (Determiniertheit des seelischen Geschehens,<br />

Dominanz des Unbewußten im Seelenleben), indem es an<br />

Erfahrungen anknüpft, die jedermann zugänglich sind: an die Psychopathologie<br />

des Alltagslebens, an Vergessen, Verlegen etc. — die<br />

Fehlleistungen. Die Geschicklichkeit, mit der der Autor kurrente<br />

Widerstände gegen die Analyse überwindet, deutet auf seine langjährige<br />

Unterrichtserfahrung zurück. Brenners Buch orientiert über<br />

die Triebtheorie, die Phasen der infantilen Sexualität, Fixierung und<br />

Regression, über die Organisation des seelischen Apparats. Er stellt<br />

immer zugleich den gegenwärtigen Stand der Theorie (unter besonderer<br />

Berücksichtigung der neueren Entwicklungen in der Ich-Psychologie)<br />

und ihre historische Entwicklung dar und gibt damit dem<br />

Leser eine Orientierungshilfe für die Lektüre von Freud selbst.<br />

Seine Darstellung der (Herrschafts)Organisation des seelischen Apparats<br />

verdeutlicht in seiner Terminologie eindrucksvoll die Marcuseschen<br />

Bemerkungen über den politischen Charakter der Freudschen<br />

Begriffe.<br />

Überall werden die noch offenen Probleme — nach dem Modell der<br />

Freudschen Einführungsvorlesungen — deutlich angezeigt. <strong>Das</strong> zeigt<br />

sich vor allem an der Erörterung der Triebtheorie und an der Darstellung<br />

des Problems der Aggression; der Leser erfährt sich selbst<br />

als möglichen Teilnehmer an einem noch nicht abgeschlossenen Forschungsprozeß.<br />

An die umfangreichen Kapitel über die Struktur des<br />

seelischen Apparats schließen sich Kapitel an über Fehlleistungen<br />

und Witz, über die Rolle sexueller und aggressiver Impulse für diese<br />

Phänomene, über den Traum, schließlich über die Psychopathologie,<br />

Neurosen und Psychosen.<br />

Man kann nicht umhin, eine solche Einführung an den Freudschen<br />

Einführungen in die Psychoanalyse zu messen. Dabei bleibt der<br />

Eindruck zurück, daß die Wahl der Beispiele überwiegend aus dem<br />

„Normal"-Verhalten nicht zufällig ist und vielleicht auch nicht so<br />

sehr durch den Wunsch motiviert, den Zugang zur Sache zu erleichtern,<br />

sondern eine Gesteinsver Schiebung in der Psychoanalyse indiziert,<br />

die namentlich auch an dem positiven Ton der Formulierungen<br />

über das Ich und seine Funktionen (115 f.) spürbar ist. Sie erscheinen<br />

zu unberührt von der Gewalttätigkeit und Brutalität des Normalen<br />

in der zeitgenössischen Gesellschaft.<br />

Die Formulierungen, die sich auf die Bildung des Ich beziehen, das<br />

zugleich der Herr und der Knecht des Es ist und sein muß, lassen<br />

zu wenig von den Beschädigungen ahnen, die mit der Vermittlerfunktion<br />

in solcher Doppelstellung verbunden sind.

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