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Das Argument

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398<br />

Herbert Marcuse<br />

Ziele, Formen und Aussichten der<br />

Studentenopposition *<br />

Jede Opposition kann heute nur im globalen Rahmen betrachtet<br />

werden, als isoliertes Phänomen ist sie von Anfang an verfälscht. Ich<br />

werde mir daher erlauben, die Opposition in einem solchen Rahmen<br />

mit Ihnen zu diskutieren, besonders am Beispiel der Vereinigten<br />

Staaten. Sie wissen, daß ich die Studentenopposition heute für einen<br />

der entscheidenden Faktoren in der Welt halte; gewiß halte ich sie<br />

nicht, wie man mir vorgeworfen hat, als solche für eine revolutionäre<br />

Kraft, wohl aber sehe ich in ihr einen der stärksten Faktoren, der<br />

vielleicht einmal zu einer revolutionären Kraft werden kann. Die<br />

Herstellung von Beziehungen zwischen den Studentenoppositionen in<br />

den verschiedenen Ländern ist deswegen eines der wichtigsten Erfordernisse<br />

der Strategie in diesen Jahren. Es bestehen kaum Beziehungen<br />

zwischen den Studentenoppositionen in den Vereinigten<br />

Staaten und der Studentenopposition hier. Es besteht nicht einmal<br />

eine wirksame zentrale Organisation der Studentenopposition in den<br />

Vereinigten Staaten. An der Herstellung solcher Beziehungen müssen<br />

wir arbeiten — und wenn ich das Thema dieses Vortrags meistens<br />

am Beispiel der USA erörtere, geschieht das deswegen, um die Herstellung<br />

solcher Beziehungen vorzubereiten. — Die Studentenopposition<br />

in den Vereinigten Staaten ist selbst Teil einer etwas größeren<br />

Opposition, die man im allgemeinen als die „neue Linke", „the new<br />

left" bezeichnet, und ich muß damit beginnen, Ihnen wenigstens<br />

schlagwortartig darzustellen, was die neue Linke von der alten Linken<br />

unterscheidet.<br />

Zunächst ist sie, mit Ausnahme einiger kleiner Gruppen, nicht<br />

orthodox marxistisch oder sozialistisch. Sie ist charakterisiert durch<br />

ein tiefes Mißtrauen gegen alle Ideologie, auch gegen die sozialistische<br />

Ideologie, von der man sich irgendwie verraten glaubt und<br />

von der man enttäuscht ist. Die neue Linke ist außerdem in keiner<br />

Weise — wiederum mit Ausnahme kleiner Gruppen — auf die<br />

Arbeiterklasse als der revolutionären Klasse fixiert. Sie selber kann<br />

* Der hier abgedruckte Text ist die nur unwesentlich veränderte Fassung<br />

eines Vortrags, den Herbert Marcuse im Juli 1967 im überfüllten Auditorium<br />

Maximum der Freien Universität Berlin gehalten hat. Der Vortrag<br />

war vom ASTA angekündigt unter dem Titel „<strong>Das</strong> Problem der Gewalt<br />

in der Opposition". Zwei weitere Vorträge Marcuses sowie Auszüge aus<br />

den anschließenden Diskussionen sind veröffentlicht unter dem Titel „<strong>Das</strong><br />

Ende der Utopie" im Verlag v. Maikowski (hrsgg. v. Horst Kurnitzky,<br />

Berlin 1967). Dort auch eine stark gekürzte Fassung des hier veröffentlichten<br />

Textes.

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