Das Argument
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436 •Besprechungen<br />
nicht befriedigend einfügen zu können, wird die Bestimmung der Wahrheit<br />
als .wesenhaftes Sich-entziehen' (301) abgeleitet, welches wiederum<br />
„die Metaphysik als solche und im ganzen" „geschichtlichen Wesens" (292)<br />
sein lasse; die .Vollendung der Metaphysik' bei Hegel jedoch sei — wie<br />
ebenfalls Heidegger es verkündete — „kein Ende des Denkens. Im Gegenteil,<br />
die Vollendung ist ein Überfluß, der aus verborgenen Quellen fließt."<br />
(302)<br />
Stärker an einzelwissenschaftlichen Fragen orientiert ist eine dritte<br />
Reihe von Beiträgen. Von dem Tierpsychologen B. R e n s c h stammt eine<br />
Darstellung der Forschungssituation in der biologischen Evolutionstheorie.<br />
Der Versuch allerdings, in kulturellen Fortschritten „die gleichen Hauptmerkmale"<br />
(180), ,ganz ähnliche Erscheinungen' (199) nachzuweisen, wie<br />
sie für die Phylogenese der Arten aufgestellt wurden, verbleibt weitgehend<br />
in bloßen Analogiereden. — Nach A. Gehlen hat die ,kulturelle<br />
Evolution der Menschheit überhaupt' (208) — „ein biologischer Vorgang<br />
im Großen" (209) — heute ihre Talsohle erreicht; Entwicklung ist in einen,<br />
wahrscheinlich endgültigen, gesellschaftlich-stationären Zustand übergegangen,<br />
der „echten und anscheinend unbegrenzten Fortschritt" (211) nur<br />
noch in den Naturwissenschaften und Technologien kenne. <strong>Das</strong> „Gefüge<br />
selbst ist nicht mehr lenkbar" (209), an den kulturellen Gebilden, die in<br />
ihm noch erzeugt werden, ließen sich nur noch „stationäre Bewegungen"<br />
deskriptiv feststellen, „in denen weder Entwicklung noch Fortschritt<br />
steckt" (214). „Abwechslung innerhalb eines stationären Gesamtzustandes"<br />
(213) schlägt Gehlen als zentrale Kategorie der Kultur- und Kunstkritik<br />
vor, „Kristallisation" für die entsprechenden Erscheinungen im sozialen<br />
Bereich selber; beide Formen drückten „die naturale Endlosigkeit des<br />
biologischen Prozesses" (219) aus, als welcher die hochindustrialisierte Gesellschaft<br />
eingreifendes Denken liquidiert habe. In der Diskussion wurde<br />
Gehlens kulturpessimistische Zeitdiagnose als ,negative Utopie' und moderne<br />
Eschatologie' gekennzeichnet; B. Liebrucks Kritik der begriffslosen<br />
Bildersprache Gehlens, in der Freiheit aufgegeben sei, bringt das Affirmative<br />
dieses Denkens auf seinen genauen Begriff (cf. 330). — Der niederländische<br />
Pädagoge und Statistiker Ph. J. Idenburg bemüht sich um<br />
eine Neuorientierung' von Bildung und Erziehung angesichts ihrer aktuellen<br />
,Krise', die in der Unentschiedenheit zwischen Fortschritt und Bewahrung<br />
bestehe; er empfiehlt, in Übereinstimmung mit der pädagogischen<br />
Ideologie von heutzutage, an den Kriterien „Offenheit und schöpferische<br />
Kraft einerseits und Kontinuität und Integration anderseits" (116)<br />
sich auszurichten. — Relativ konkreter verfährt H. Schelsky bei der<br />
Aufstellung eines allgemeinen Bildungsideals in einer erdumfassenden<br />
und in sich hochkommunikativen wissenschaftlichen Zivilisation' (125).<br />
Den neuhumanistischen Bildungsbegriff des Idealismus mit den modernen<br />
Wissenschaften konfrontierend, faßt er seine bekannten Thesen über das<br />
an jenem teils zu Rettende, teils zu Modifizierende zusammen: Bildung<br />
heute könne nicht länger neben den Wissenschaften als ein Höheres behauptet<br />
werden, sie habe vielmehr durch Wissenschaft hindurch sich zu<br />
konstituieren. Daraus resultiert für Schelsky keine dialektische, sondern<br />
eine kantianische Bestimmung, in der Bildung als Aufreißen von Zivilisationszwängen<br />
„zugunsten der unendlichen Möglichkeiten des Menschen<br />
und der Souveränität und sittlichen Verantwortung seiner Person" (141)<br />
gefaßt wird. Weit entfernt, die in den naturbeherrschenden Wissenschaften<br />
absehbaren Möglichkeiten auf eine mögliche Befreiung der Gesellschaft<br />
zu beziehen, schränkt er Freiheit wiederum ein auf „sittliche<br />
Freiheit der Person". Der Idealismus, den Schelsky in der Umwandlung