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Das Argument

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II. Soziologie 475<br />

Sozialer Wandel. Zivilisation und Fortschritt als Kategorien<br />

der soziologischen Theorie. Herausgegeben und eingeleitet von<br />

Hans Peter Dreitzel. Band 41: Soziologische Texte, Luchterhand<br />

Verlag, Neuwied und Berlin (West) 1967 (514 S., Pb., 28,— DM).<br />

Dieser soziologische Reader ist anspruchsvoll. Nicht daß das<br />

Sammeln von theoretischen Schriften aus so umfänglichem Bereich,<br />

zeitlich von Condorcet bis Fourastié, thematisch von Bloch („Die<br />

Kategorie der Möglichkeit" und „Thesen zum Begriff des Fortschritts")<br />

bis Balandier („Die Dynamik der Primitivgesellschaften")<br />

oder von Gumplowicz bis Popper, an sich schon dieses Epitheton<br />

verdiente. Vielmehr handelt es sich um nichts weniger als den Versuch,<br />

mit Hilfe der ausgewählten Texte, durch ihre systematische<br />

Anordnung in einzelnen kurz kommentierten Abschnitten und nicht<br />

zuletzt ihre Interpretation und Kritik, einen theoretischen Beiträg<br />

zur Entwicklung der modernen Soziologie zu leisten.<br />

Titel und Untertitel sind Programm: die Stoßrichtung zielt auf die<br />

sogenannte strukturell-funktionale Schule, die zugunsten der Konstruktion<br />

von statischen Modellen sozialen Gleichgewichts die historische<br />

Dimension, den Prozeßcharakter von Gesellschaft vernachlässigt<br />

hat. Dem konservativen Potential einer Statik und Dynamik<br />

dualistisch auseinanderhaltenden soziologischen Theorie, die zu immer<br />

größerer Allgemeinheit führt und damit so blind wird wie ihr<br />

Korrelat: theorielose empirische Sozialforschung, soll das Kritische<br />

einer historisch verfahrenden Soziologie entgegengesetzt werden.<br />

Der Entfaltung dieser Konzeption dient vor allem ein der Auswahl<br />

angehängter Aufsatz des Herausgebers „Über die historische<br />

Methode in der Soziologie". Am Unterschied zu Intentionen und<br />

Methoden der historischen Wissenschaften arbeitet der Verfasser heraus,<br />

was ihm für die Gesellschaftswissenschaften wesentlich erscheint:<br />

nicht bloß zu beschreiben, sondern strukturelle Einsichten<br />

anzustreben und die Phänomene zu erklären; nicht bei Einzelphänomenen<br />

und ihrer Genese zu verharren, sondern in der Theoriebildung<br />

die Formulierung von Gesetzmäßigkeiten zu versuchen; nicht<br />

die Fülle möglicher menschlicher Handlungsweisen und Motive aus<br />

der Geschichte aufzuhäufen, sondern die prinzipielle Geschichtlichkeit<br />

des Menschen zu begreifen diese eigentümliche Verkoppelung<br />

der Möglichkeit freier, sinnhafter Gestaltung des Handelns<br />

mit ihrer eigenen Einschränkung durch die Macht geschichtlicher<br />

Faktizitäten,... vor allem das Gefüge gesellschaftlicher Normen und<br />

Institutionen" (448). Von den drei Arten theoretischer Aussagen in<br />

der Soziologie, die Dreitzel unterscheidet, den „phänomenologischen<br />

Gesetzmäßigkeiten", den „struktur-analytischen Funktionsgesetzen"<br />

und den „Gesetzmäßigkeiten des sozialen Wandels", komme der letzten<br />

Schlüsselcharakter zu. Die historische Methode finde hier ihre<br />

vollste Anwendung in der Soziologie — sie bindet alle Aussagen<br />

an den Zeitraum, für den ihre Gültigkeit empirisch nachgewiesen<br />

ist; sie verpflichtet zur (immanenten oder systemtranszendenten)<br />

Kritik, da sie stets vom Selbstverständnis und von den Zielvorstellungen<br />

der untersuchten konkreten Gesellschaft ausgehen muß,<br />

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