Das Argument
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490 •Besprechungen<br />
Rationalisierung der Aggression werden von ihm alle erreichbaren<br />
<strong>Argument</strong>e funktionalisiert.<br />
Politik wird vorgegaukelt als Möglichkeit, privat-familiäre Interaktionsmuster<br />
im Stile eines zwangsneurotisch stimulierten Hausputzes<br />
aufs Ganze übertragen zu können. Infolge dieses Fehlschlusses<br />
müssen die <strong>Argument</strong>e der Agitatoren verschwommen bleiben,<br />
wenn es um ein Aktionsprogramm geht, denn sie rühren die bestehende<br />
Gesellschaftsordnung, die Grundlage des von ihnen manipulierten<br />
Unbehagens, nicht an. Sie möchten nur dafür sorgen, daß sie<br />
besser funktioniert.<br />
Klaus Horn (Frankfurt/Main)<br />
de Bachewitz, Boris: Schwarzer Eros. Afrikanische Sexualbräuche<br />
von der Vorgeschichte bis heute. Henry Goverts Verlag,<br />
Stuttgart 1965 (343 S., Ln., 40,— DM).<br />
Rachewitz versucht in seinem anziehend illustrierten Buch, die<br />
Rolle der Erotik im Leben der Afrikaner zu beschreiben. Er will<br />
weniger Daten aufzählen, als versuchen, durch „das Tor des Eros<br />
in die afrikanische Seele einzudringen und dabei von den Ursprüngen<br />
auszugehen". Nun ist es gewiß ein fragwürdiges Unterfangen,<br />
so etwas wie eine „afrikanische Seele" konstatieren zu wollen, es<br />
sei denn, „afrikanische Seele" soll hier „negro-afrikanischer Sozialcharakter"<br />
heißen — das wäre dann immerhin eine interessante<br />
Untersuchungsannahme, eine Aufforderung, Sexualanalyse als Sozialanalyse<br />
zu treiben. Aber de Rachewitz vermeidet weitgehend<br />
Tiefdeutelei und vorschnelle Verallgemeinerungen. Zurückhaltend<br />
erwähnt er da und dort, daß er dazu neigt, das Sexualverhalten<br />
der Negro-Afrikaner religiös zu interpretieren, beschränkt sich jedoch<br />
dann darauf, die afrikanischen Sexualbräuche ausgezeichnet und<br />
instruktiv darzustellen. Nach Rückblicken auf die Vorgeschichte und<br />
die sakrale und profane Erotik im alten Ägypten folgt ein Exkurs<br />
über die Stellung der „göttlichen Könige" in den afrikanischen Theokratien,<br />
die de Rachewitz mit Fruchtbarkeitsmythen zu erklären versucht.<br />
Es schließen sich dann zwei umfangreiche Kapitel über kindliche<br />
Sexualität, Beschneidung und Klitoriektomie (d. i. Beschneidung<br />
der Klitoris) sowie über die Sexualität der Erwachsenen an.<br />
<strong>Das</strong> Buch legt viele Fragen nahe. So wäre zu untersuchen, wie weit<br />
das Material, das de Rachewitz aufbereitet, Belege dafür hergibt,<br />
daß das Spannungsverhältnis zwischen Sexualität und Herrschaft<br />
zugunsten der Herrschaft dadurch „gelöst" werden kann, daß spontane<br />
Sexualität in sakrale Erotik verwandelt wird. Demnach würden<br />
sich drei Möglichkeiten anbieten, menschliche Sexualität in den<br />
Dienst von Unterdrückung zu stellen: 1. sakrale Erotik, 2. Verdrängung<br />
der Sexualität (Christentum), 3. Unterwerfung unter das Leistungsprinzip<br />
(Vergeudungskapitalismus).<br />
Wilfried Gottschalch (Berlin)