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1720 Landtag Brandenburg - 5. Wahlperiode - Plenarprotokoll 5/23 - 7. Oktober 2010<br />
Deshalb bitte ich um Annahme des Antrags auf Überweisung<br />
in den Ausschuss. - Vielen Dank.<br />
(Beifall CDU und FDP)<br />
Präsident Fritsch:<br />
Die Abgeordnete Wehlan spricht für die Fraktion DIE LINKE.<br />
Frau Wehlan (DIE LINKE):<br />
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter<br />
Herr Beyer, ich verstehe ja die Unduldsamkeit zu all den<br />
Fragen angesichts Ihres heutigen Antragsthemas, noch dazu,<br />
wenn wir solcherart Signale wahrnehmen wie von Herrn Franz,<br />
Geschäftsführer des VBB, zum drohenden Winterchaos in Berlin<br />
bzw. verbunden mit der Berliner S-Bahn.<br />
All das, was wir bereits im Januar dieses Jahres hier im Landtag<br />
thematisiert haben, wie Werkstattkapazitäten, Material und<br />
verfügbare Züge, ist mit einem großen Fragezeichen für die bevorstehende<br />
Wintersaison versehen, und das, obwohl die im<br />
Besitz der Deutschen Bahn befindliche S-Bahn nach monatelangen<br />
Zugausfällen Verbesserungen für den nächsten Winter<br />
angekündigt hat. Das kann schon knurrig und unduldsam machen.<br />
Nur denke ich, dass Unduldsamkeit gerade in Anbetracht<br />
der gegenwärtigen Situation kein guter Berater in einem Prozess<br />
ist, der sachlich und fachlich erörtert wird, und zwar nicht<br />
nur hier in Brandenburg, sondern zwischen den Ländern Berlin<br />
und Brandenburg abgewogen und erörtert werden muss. Sie<br />
wissen auch, wenn es um die Bahnbestellung geht, dann sind<br />
die Verhältnisse ziemlich deutlich: 90 % Berlin, 10 % Brandenburg.<br />
Insofern ist jede Entscheidung, die man hier forcieren<br />
bzw. befördern will, immer auch eine Entscheidung, die mit<br />
dem größeren Partner Berlin bedacht sein muss.<br />
Im Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen vom Januar<br />
dieses Jahres haben wir die Landesregierung aufgefordert, tätig<br />
zu werden. Die Stichworte - ich möchte nur noch einmal daran<br />
erinnern - waren: eine vertragsgemäße Gestaltung des S-Bahn-<br />
Verkehrs, Sanktionsmöglichkeiten und Nachverhandlungen<br />
zum S-Bahn-Verkehr, Entschädigung der Fahrgäste und Einbehaltung<br />
der Mittel wegen Nicht- bzw. Schlechtleistung und deren<br />
Verbleiben im ÖPNV-System, Durchsetzung der Belange<br />
des Allgemeinwohls. Das möchte ich an dieser Stelle besonders<br />
hervorheben und in Erinnerung rufen, weil all die Fragen,<br />
die hier thematisiert werden, nicht nur auf den Anspruch<br />
der Wettbewerbsfähigkeit reduziert werden dürfen, und eben<br />
auch der Punkt:<br />
„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, gemeinsam<br />
mit dem Land Berlin im I. Quartal die Variantenprüfung<br />
zur Vergabe von S-Bahnleistungen abzuschließen.<br />
Im Falle einer Entscheidung für die wettbewerbliche Vergabe<br />
eines, mehrerer oder aller Teilnetze ist das Vergabeverfahren<br />
zügig vorzubereiten, wobei auf die Einhaltung<br />
sozialer und ökologischer Standards zu achten ist.“<br />
Das zuständige Ministerium wurde beauftragt, zeitnah zum<br />
Sachstand zu berichten. Wir haben es einmal hier im Landtag<br />
und einmal im zuständigen Fachausschuss diskutiert. Insbesondere<br />
sollten dabei die verschiedenen Varianten und dann natürlich<br />
ein Ergebnis zur Vergabe vermittelt werden.<br />
Der Zeitraum - das möchte ich hier nicht unter den Tisch fallen<br />
lassen - ist sehr kritisch reflektiert worden, und da treffen wir<br />
uns auch wieder. Der Zeitrahmen war für das I. Quartal dieses<br />
Jahres formuliert. Das war eine sehr optimistische Variante,<br />
ohne den Partner Berlin formuliert, denn bereits in der Ausschusssitzung<br />
im Februar haben wir zur Kenntnis nehmen dürfen,<br />
dass das für das I. Quartal nicht festzustellen ist, aber auch<br />
den Anspruch, dass die Landesregierung sowie der zuständige<br />
Fachausschuss das Jahr 2010 mit dem Punkt der Vergabeentscheidung<br />
verbinden will.<br />
Wir müssen also nichts beschließen, was bereits klar ist. Ich<br />
verweise auch auf die Notwendigkeit, dass zur formalen Sicherung<br />
dieser Option Ausschreibung/Vergabe zur Betriebsaufnahme<br />
Ende 2017 gemäß Artikel 7 der Verordnung der Europäischen<br />
Union 1370 bereits vor Beginn des Prüfungsprojektes<br />
das auszuschreibende Teilnetz vorzuveröffentlichen ist.<br />
Das bedingt zwar noch keine rechtliche Bindung; darüber sind<br />
wir uns durchaus im Klaren. Aber Berlin und Brandenburg haben<br />
es bereits getan. Das ist ein deutliches Signal für die Vergabeentscheidung.<br />
Herr Beyer, die Forderung, die Sie unter dem zweiten Teilstrich<br />
Ihres Antrags erheben, ist illusorisch, insbesondere zum<br />
jetzigen Zeitpunkt. Sie verkennen die sachliche Situation.<br />
Noch bevor der Prüfvorgang zur Teilnetzausschreibung des<br />
S-Bahn-Rings fachlich untersetzt ist, wollen Sie schon die<br />
Diskussion über mögliche Inbetriebnahmen in den Jahren<br />
2019 und 2022 forcieren bzw. Dinge festmachen. Sie wissen<br />
um die Problematik und die gegenwärtig in der Diskussion<br />
stehenden Handlungsoptionen aus Berliner Sicht: Direktvergabe<br />
an die BVG oder ein neu zu gründendes Unternehmen,<br />
Wettbewerb, Kommunalisierung. All diese Varianten sind<br />
gegenwärtig im Prüfverfahren. Ich verrate kein Geheimnis,<br />
wenn ich sage, dass die Kommunalisierung von den Linken in<br />
Berlin und Brandenburg deutlich unterstützt wird, auch weil<br />
wir den ÖPNV und damit den SPNV als wichtigen Baustein<br />
der Daseinsvorsorge empfinden.<br />
(Beifall DIE LINKE)<br />
Notwendig ist aber ein Variantenvergleich. Dabei spielen vor<br />
allem folgende Aspekte eine Rolle: Versorgung der Kunden,<br />
Versorgungssicherheit, Qualität, wirtschaftliche Prüfung, Prüfung<br />
der Finanzlage, Marktlage der potenziellen Anbieter und<br />
Finanzierungsmöglichkeiten für die notwendige Fahrzeugflotte.<br />
Solange dieser Prüfvorgang nicht zum Abschluss gebracht<br />
ist, wird es keine Entscheidung geben. Da wir als federführender<br />
Fachausschuss nach dem Beschluss des Landtags vom Januar<br />
dieses Jahres in den Prüfvorgang bzw. die Vergabeentscheidung<br />
einbezogen sind, denke ich schon, dass die abschließende<br />
Beratung zu diesem Teilbereich es durchaus rechtfertigt,<br />
Ihren Antrag in den Ausschuss zu überweisen. Er berührt den<br />
Sachgegenstand, wenngleich ich hier auch verdeutlicht habe, in<br />
welchen Punkten wir uns unterscheiden.<br />
(Beifall DIE LINKE)<br />
Präsident Fritsch:<br />
Der Abgeordnete Jungclaus spricht für die Fraktion BÜND-<br />
NIS 90/DIE GRÜNEN.